Generationswechsel beim Dresdner Kreuzkantor

Generationswechsel beim Dresdner Kreuzkantor
25 Jahre lang hat Roderich Kreile den Dresdner Kreuzchor geleitet. Jetzt geht er in den Ruhestand. Den Chor sieht er als Ort des gemeinsamen Lernens - nicht nur auf dem Gebiet der Musik.

Dresden (epd). Der Dresdner Kreuzchor singt nach der Sommerpause unter neuer Leitung: Der neue Kreuzkantor Martin Lehmann tritt sein Amt am 1. September an. Die Einführung findet am 24. September im Rahmen einer Vesper des Chores in der Dresdner Kreuzkirche statt. Zum gegenseitigen Kennenlernen plane er noch vor Beginn des neuen Schuljahres eine Chorfahrt, sagte Lehmann am Dienstag bei der Vorstellung des Musikprogramms der Kreuzkirche in Dresden, zu der er digital zugeschaltet war.

Der 48-jährige Lehmann ist derzeit Leiter des Windsbacher Knabenchores. Er folgt auf den langjährigen Kreuzkantor Roderich Kreile, der in den Ruhestand geht. Nach 25 Jahren gibt es damit an der Spitze des Knabenchores einen Generationswechsel. Der 66-jährige Kreile wird am Samstag im Rahmen einer Vesper in der Dresdner Kreuzkirche verabschiedet.

Lehmann sagte, er sei „total gespannt, wie sich die Zusammenarbeit mit dem Chor gestalten wird“. Nach und nach wolle er seine Handschrift entwickeln, kündigte er an. Der Chor werde auch im städtischen Kulturleben zu hören sein. Zudem soll es wieder ein Stadionkonzert geben. Lehmann wird der 29. Kreuzkantor sein. Seine musikalische Ausbildung erhielt er beim Kreuzchor.

Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) betonte der scheidende Chorleiter Kreile die Attraktivität des „Bildungswegs Kruzianer“. Zudem habe der Chor schon immer gemacht, was in den jeweiligen Zeitepochen sinnvoll und nötig war.

Der weltberühmte Dresdner Kreuzchor ist einer der wenigen Knabenchöre in Deutschland. 141 Jungen im Alter von 9 bis 18 Jahren singen derzeit in dem mehr als 800 Jahre alten Ensemble. Angestammter Platz ist die evangelische Kreuzkirche am Altmarkt, Träger die Stadt Dresden.

Auf geistliche Musik müsse sich jeder Sänger des Kreuzchores einlassen, auch die Atheisten und die Jungen, die einer anderen Religion angehören. Kreile betonte jedoch im epd-Gespräch: „Wir praktizieren einen undogmatischen Umgang mit der christlichen Tradition.“

Knabenchöre seien ein „Nischenprodukt“. „Aber wir dürfen uns nicht verbarrikadieren“, forderte Kreile. Von etablierten traditionellen Chören erwarte er, dass sie mit der Zeit gehen. Dabei dürfe eine Werteorientierung aber nie aufgegeben werden. „Wir haben die Aufgabe, jungen Leute etwas anzubieten und gewisse Dinge vorzuleben“, findet Kreile.

Er erwarte von allen Chormitgliedern eine Haltung. Das Ensemble sei nicht nur eine Gemeinschaft, in der musikalische Fähigkeiten entwickelt werden. Vielmehr würden auch soziale Kompetenzen trainiert, sagte Kreile.

Höhepunkt eines jeden Konzertjahres in der Kreuzkirche sind traditionell die Oratorien-Aufführungen mit dem Kreuzchor, darunter das Weihnachtsoratorium und die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Auch die Mettenspiele am Ostersonntag und am ersten Weihnachtsfeiertag sind laut Kreuzchororganist Holger Gehring wieder geplant. Der Kreuzchor singt zudem regelmäßig in Vespern und Gottesdiensten. Im Sommer wird zu mehreren Orgelkonzerten eingeladen.

Kreile zweifelt nicht an der Beständigkeit des Kreuzchores: „Knabenchöre kann es nicht hunderte geben, aber einige wenige, die so arbeiten wie wir, die Leuchttürme in unserer Gesellschaft sind, denen gebe ich eine Zukunft.“