EKD-Ratsvorsitzende fordert differenzierten Blick auf Ukraine-Krieg

EKD-Ratsvorsitzende fordert differenzierten Blick auf Ukraine-Krieg

Frankfurt a.M. (epd). Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat mit Blick auf den Ukraine-Konflikt vor Schwarz-Weiß-Malerei gewarnt. Zwar sei es „bedrückend und empörend“, wenn der orthodoxe Patriarch von Moskau, Kyrill I., einen Angriffskrieg als legitimes Mittel darstelle, um seine Auffassung des Christentums und seine Sicht der Geschichte gegen die Bedrohung durch die Ukraine und den Westen zu verteidigen, heißt es in einem Gastbeitrag der westfälischen Präses in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag): „Es ist aber auch Skepsis geboten, wenn der Krieg in der Ukraine spiegelbildlich als Verteidigung westlicher Werte idealisiert wird.“

Auch hier sei eine „geschichtstheologische Überhöhung des Krieges nicht fern“, fügte die evangelische Theologin hinzu. Es müsse darum gehen, das Recht der Einzelnen auf ein Leben in Freiheit und Würde zu verteidigen. Verteidigt werden müsse deshalb auch die Souveränität des Staates, der dieses Recht schützt und garantiert. Kurschus: „An diesem Ziel ist alles Handeln immer wieder zu prüfen.“

Kurschus bekennt, dass sie in dieser Frage zerrissen sei: „Ich kann einen Krieg grundsätzlich nicht gutheißen, auch keinen Verteidigungskrieg, auch keine Waffenlieferungen. Ich kann sie allenfalls als unvermeidlich anerkennen, als geringeres Übel für vertretbar halten. Es ist geboten, der Sünde in Form von brutaler Gewalt und verbrecherischem Unrecht entgegenzutreten.“ Die Hilfe für Menschen in höchster Not, gerade auch für die Schwachen, fordere, Angriffe auf ihr Leben, ihre Würde und ihre Freiheit nicht tatenlos hinzunehmen.

Kurschus betonte die Bedeutung der zivilen Friedensarbeit für die Zeit nach dem Krieg: „Wir werden anknüpfen können an die Erfahrungen und Konzepte, die wir in den vergangenen Jahrzehnten gesammelt haben.“ Dazu müssten auch die Brücken genutzt werden, die „in unermüdlicher Versöhungsarbeit auch nach Russland gebaut worden sind“. Diese Brücken gelte es, auch jetzt unter äußerst schwierigen Bedingungen zu pflegen und zu stärken.