Theologin: Verstehe Enttäuschung nach Freispruch für Pastor Latzel

Theologin: Verstehe Enttäuschung nach Freispruch für Pastor Latzel
25.05.2022
epd
epd-Gespräch: Franziska Hein

Bochum (epd). Die Bochumer Theologin Isolde Karle hat Verständnis dafür, dass sich queere Menschen in der Kirche nach dem Freispruch des Bremer Pastors Olaf Latzel diskriminiert fühlen. Für sie sei der Freispruch zwar keine Überraschung gewesen, aber sie könne verstehen, wenn sich homosexuelle Menschen durch das Urteil doppelt diskriminiert fühlten: zum einen durch die extrem homo-feindlichen Äußerungen des evangelischen Pastors, zum anderen durch den Freispruch im Berufungsverfahren vor dem Bremer Landgericht, sagte Karle dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Urteil bestärke alle, die Homosexualität als Sünde verstünden und Homosexuelle diffamierten.

Die evangelische Theologin war im Prozess als Gutachterin gehört worden, war aber durch einen Antrag durch Latzels Verteidiger später für befangen erklärt worden. Der Pastor war vor dem Bremer Landgericht wegen Volksverhetzung angeklagt, weil er sich in einem Seminar für Gemeindemitglieder abwertend über Homosexuelle und Transpersonen geäußert hatte.

Es war schon der zweite Prozess in dieser Sache. Das Amtsgericht Bremen hatte Latzel 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 8.100 Euro verurteilt. Dagegen hatte der 54-Jährige erfolgreich Beschwerde eingelegt und war im Berufungsverfahren vergangenen Freitag freigesprochen worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, am Dienstag reichte die Bremer Staatsanwaltschaft Revision ein.

Karle wünschte sich von den evangelischen Kirchenleitungen, dass sie sich deutlich von Latzels Äußerungen distanzieren, und insbesondere von der bremischen Landeskirche, dass sie trotz des Urteils Wege suche, um den Pastor zu disziplinieren. Es gebe unter manchen evangelischen und katholischen Christen zwar noch die Überzeugung, dass Homosexualität eine Sünde sei. Doch in der evangelischen Kirche dürften Amtsträger so etwas nicht mehr öffentlich lehren, vor allem nicht in einer so extrem emotionalisierenden und aufstachelnden Weise, wie Latzel es getan habe. Das widerspräche der Botschaft des Evangeliums zutiefst.

Karle war von der Verteidigung Parteilichkeit vorgeworfen worden. Dies weise sie zurück, sagte sie. „Was ich vorgetragen habe, ist keine Sondermeinung, sondern Konsens in der universitären, evangelischen Ethik.“