Urteil: Sozialhilfebezieher müssen für neue Waschmaschine sparen

Urteil: Sozialhilfebezieher müssen für neue Waschmaschine sparen

Kassel (epd). Sozialhilfebezieher müssen bei einer kaputten Waschmaschine ein erforderliches Neugerät weiterhin aus ihrem Regelsatz ansparen oder notfalls auf Darlehen des Sozialhilfeträgers zurückgreifen. An der Verfassungsmäßigkeit dieses Vorgehens bestehen keine Zweifel, urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 8 SO 1/21 R)

Im konkreten Fall ging es um eine in Berlin lebende und unter Betreuung stehende Frau, die sich nach dem Defekt ihrer Waschmaschine kein Neugerät leisten konnte. Ihre Wäsche wusch sie daraufhin rund drei Jahre lang mit der Hand oder ging in den Waschsalon. Als sie wegen ihrer geringen Rente im August 2015 Grundsicherungsleistungen erhielt, beantragte sie beim Sozialhilfeträger einen Zuschuss für eine neue Waschmaschine von insgesamt 99,90 Euro. Das 299 Euro teure Gerät hatte sie zuvor bereits teilweise mit Gutscheinen eines Warenhauses bezahlt.

Die Behörde lehnte den Zuschuss ab und verwies darauf, dass die Rentnerin die Waschmaschine aus dem Regelsatz ansparen müsse. Die gesetzlichen Bestimmungen sähen dies so vor. Der Sozialhilfeträger wies zudem auf die Möglichkeit eines Darlehens hin. Dieses könne mit bis zu fünf Prozent des Regelsatzes monatlich abgezahlt werden.

Der Anwalt der Klägerin hielt die Regelungen für verfassungswidrig. Die Frau müsse bei einem im Regelsatz vorgesehenen Anteil von 1,60 Euro für Haushaltsgeräte 16 Jahre für eine neue Waschmaschine sparen. Das sei völlig unrealistisch. Die „weiße Ware“ sei ein unregelmäßiger Bedarf und dürfte gar nicht im Regelsatz berücksichtigt werden. Auch ein Darlehen helfe nicht weiter, da sonst das soziokulturelle Existenzminimum unterschritten werde.

Das BSG lehnte den Zuschuss ab. Nach dem Gesetz sei ein Zuschuss bei einer Erstausstattung oder bei einer erheblich vom Durchschnitt abweichenden Bedarfslage möglich. Hier liege aber nur ein Verschleiß einer Waschmaschine vor. Der Klägerin sei es zuzumuten, entweder die Waschmaschine aus dem Regelsatz anzusparen oder ein Darlehen in Anspruch zu nehmen. Dies stehe mit der Verfassung im Einklang.

Anders als bei Arbeitslosengeld-II-Beziehern seien bei Sozialhilfeempfängern die Regelungen zur Rückzahlung eines Darlehens so ausgestaltet, dass die Behörde die Umstände des Einzelfalls und mögliche Härtefälle prüfen muss.