EU-Kommission will Kampf gegen Kindesmissbrauch im Internet stärken

EU-Kommission will Kampf gegen Kindesmissbrauch im Internet stärken
Die Zahlen sind erschreckend: Zig Millionen Bilder und Videos von Kindesmissbrauch seien allein 2021 gemeldet worden, so die EU-Kommission. Auch damit begründet sie ihren Vorstoß für ein neues Gesetz.

Brüssel (epd). Im Kampf gegen Kindesmissbrauch hat die EU-Kommission einen Gesetzentwurf vorgestellt, der Internetdienstleister in die Pflicht nimmt. Sie müssten in Verdachtsfällen aktiv nach Kinderpornografie oder der Anbahnung sexueller Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern (Grooming) suchen und sie melden, wie die Kommission am Mittwoch in Brüssel erklärte. Zudem würde ein neues EU-Zentrum gegen Kindesmissbrauch geschaffen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte den Vorschlag.

Im vergangenen Jahr seien 85 Millionen Bilder und Videos mit Missbrauchsdarstellungen auf der Welt gemeldet worden, so die Kommission. Das aktuelle System baue auf freiwillige Meldungen durch Internetdienstleister. Nun sollten diese in bestimmten Fällen zum Aufspüren verpflichtet werden.

Zunächst müssten die Firmen das Risiko des Kindesmissbrauchs auf ihren Diensten evaluieren und Gegenmaßnahmen treffen. Nationale Behörden würden wiederum diese Schritte prüfen, hieß es. Nur bei „signifikantem Risiko“ und unter Berücksichtigung der Rechte aller Beteiligten könnten die Behörden Anordnungen zum Aufspüren erwägen. Diese solle eine weitere, unabhängige Behörde oder ein Gericht erlassen.

Das EU-Zentrum würde demnach Indikatoren entwickeln, um illegales Material zu identifizieren. Zudem würde es Meldungen von Funden prüfen und sie gegebenenfalls an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten.

Der Entwurf geht an den Rat der EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament. Bundesinnenministerin Faeser sagte, mit klaren Rechtsgrundlagen, verbindlichen Meldewegen und einem neuen EU-Zentrum könne man Prävention und Strafverfolgung EU-weit sehr deutlich stärken.

Auch die Kinderrechts-Organisation Missing Children Europe zeigte sich erfreut. Nur wenn die Internetanbieter verantwortlich gemacht würden, das Material aufzuspüren, zu melden und zu entfernen, und nur wenn Regierungen, Gesellschaft und die Branche kooperierten, „können wir die digitalen Räume für Kinder sicher halten und sie vor sexuellem Missbrauch schützen“, hieß es in einer Mitteilung.

Andere Stimmen bezweifelten die Wirksamkeit des Vorschlags und seine Vereinbarkeit mit den Grundrechten. So warnte der Europaabgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) vor einem „Big Brother-Angriff auf unsere Handys, Privatnachrichten und Fotos“. Zudem berge der Vorschlag die Gefahr, dass sich der Austausch von Videos mit verbotenen Inhalten ins Darknet verlagere und dann kaum noch polizeilich zu ermitteln sei. Felix Reda von der Gesellschaft für Freiheitsrechte erklärte, es werde zu vielen Falschmeldungen kommen.

Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel urteilte, für den Kampf gegen Kindesmissbrauch sei die Ausstattung der nationalen Behörden wichtig - diesen Punkt lasse der Gesetzentwurf offen. „Wenn zugleich die Pflichten für Provider und Diensteanbieter wachsen, droht das Gewaltmonopol des Staates zur Verfolgung von Straftaten ausgehöhlt zu werden.“