Evangelischer Kulturbeauftragter gegen "Ausschließeritis" nach rechts

Evangelischer Kulturbeauftragter gegen "Ausschließeritis" nach rechts
Rechtes Gedankengut ist einer Studie zufolge in der evangelischen Kirche ebenso verbreitet wie in der Gesamtgesellschaft. Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland werben dafür, Christen mit rechten Positionen nicht auszuschließen.

Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will das Gespräch mit Bürgern, die politisch rechten Einstellungen anhängen, aufrechterhalten. Dafür haben sich am Donnerstag hochrangige EKD-Vertreter bei der Vorstellung einer sozialwissenschaftlichen Studie zur politischen Kultur in der Kirche ausgesprochen.

Der Erhebung zufolge ist rechtes Gedankengut innerkirchlich ebenso verbreitet wie in der Gesamtgesellschaft. Die Kirchenleitung müsse in einer Volkskirche Raum für unterschiedliche Positionen lassen, sagte der Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes, Horst Gorski: „Sie darf nicht vorschnell zu moralisierenden Schließungen von Debatten beitragen.“ Sonst könne die Kirche ein Repräsentanz-Problem bekommen.

Ähnlich äußerte sich der Kulturbeauftragte des Rates der EKD, Johann Hinrich Claussen. Es gelte zwar, sich von der neuen Rechten abzugrenzen, welche häufig Versatzstücke des christlichen Glaubens als Wirtsideologie missbrauche. Die Kirche müsse sich jedoch vor „Ausschließeritis“ hüten, sagte Claussen mit Blick auf das ehemalige Ratsmitglied der EKD, Peter Hahne. Hahne steht im Ruf, rechtspopulistische Positionen zu vertreten. Es sei wichtig, im Gespräch zu bleiben mit „Menschen, die bestimmte Liberalisierungen nicht sofort mitmachen, oder die Vorbehalte haben“, betonte Claussen.

Die Religionssoziologin und Autorin der Studie, Hilke Rebenstorf, sagte, immerhin habe die Studie einen positiven, wenngleich schwachen Zusammenhang zwischen Religiosität und Offenheit nachgewiesen. Menschen, bei denen der Glaube im Leben eine zentrale Rolle einnehme, hätten weniger Vorurteile etwa gegenüber Geflüchteten, Muslimen oder Sinti und Roma. Jedoch hätten sie stärkere Vorurteile gegenüber sexueller Vielfalt als die Bevölkerung im Durchschnitt, erläuterte Rebenstorf. Kirchenmitglieder, die anderen Religionen zugestehen, einen wahren Kern zu haben, neigten insgesamt zu weniger Vorurteilen als solche, welche die christliche Religion für die einzige wahre hielten.

Die Studie „Zwischen Nächstenliebe und Abgrenzung - Eine interdisziplinäre Studie zu Kirche und politischer Kultur“ wurde von der EKD 2019 in Auftrag gegeben. Beleuchtet wurde der Zusammenhang von Kirchenmitgliedschaft, Religiosität, politischer Kultur und Vorurteilsstrukturen.