Oldenburg (epd). Im Prozess gegen ehemalige Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel hat der Chef der ehemaligen Sonderkommission „Kardio“, Arne Schmidt, die Angeklagten belastet. Er verwies am Donnerstag als Zeuge vor dem Landgericht Oldenburg auf Statistiken zu Sterbefällen und sprunghaft angestiegenen Medikamentenbestellungen sowie auf Protokolle des Betriebsrates am Klinikum Oldenburg. Aus ihnen sei ersichtlich, dass sich Högels vorgesetzte Ärzte, Pflegedienstleiter und auch der damalige Geschäftsführer über dessen „patientenschädigendes Verhalten“ im Klaren gewesen sein müssten (AZ: 5 Ks 20/16).
Schmidt erläuterte ausführlich eine Strichliste, die im Auftrag eines leitenden Arztes von einem Pflegedienstleiter angefertigt wurde. Darauf seien die Reanimationen eines bestimmten Zeitraums auf der Intensivstation 211 und die beteiligten Pflegekräfte aufgeführt. Högel habe diese Liste mit 18 Reanimationen deutlich angeführt.
Interessant sei ein handschriftlicher Vermerk über ein Auswertungsgespräch. Darin habe der Pflegedienstleiter angeregt, die Staatsanwaltschaft zu informieren. Das sei vom Geschäftsführer abgelehnt worden mit der Begründung, es gebe keine belastende Belege. Außerdem dürfe der Ruf des Hauses nicht gefährdet werden.
Unter den Angeklagten in dem Prozess sind Ärzte, Verantwortliche aus der Pflege und ein früherer Geschäftsführer. Ihnen wird Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Der Ex-Krankenpfleger Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht zu einer lebenslangen Haft wegen 85 Morden verurteilt worden. Er hatte Patienten mit Medikamenten vergiftet, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.