SOS-Kinderdorf: Jugendhilfe für Flüchtlinge besser ausstatten

SOS-Kinderdorf: Jugendhilfe für Flüchtlinge besser ausstatten
10.04.2022
epd
epd-Gespräch: Dirk Baas

München (epd). Nach Einschätzung der Vorstandsvorsitzenden von SOS-Kinderdorf, Sabina Schutter, führt die Aufnahme von Zehntausenden Flüchtlingskindern aus der Ukraine die Jugendhilfe an ihre Grenzen. „Wir rechnen damit, dass noch ganze Kinderheime und Waisenhäuser evakuiert werden müssen. Schätzungen zufolge wachsen fast 100.000 Kinder und Jugendliche in ukrainischen Heimen auf“, sagte die Professorin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schutter zufolge werden die Platzkapazitäten in stationären Einrichtungen womöglich nicht reichen.

„Die Situation verändert sich täglich. Was uns von SOS-Kolleginnen und -Kollegen vor Ort oder in den Nachbarländern berichtet wird, ist, dass viele Familien hoffen, dass der Kampf bald vorüber ist. Daher flüchten sie noch nicht aus ihrer Heimat oder bleiben zumindest noch im nahen Polen“, sagte die Pädagogin: „Ich bin sehr froh, dass wir als SOS-Kinderdorf im Auftrag des Bundesfamilienministeriums eine Meldestelle einrichten konnten.“ Hier liefen die Anfragen zur Unterbringung von Kindergruppen aus der Ukraine zusammen und es gebe Hilfe, wenn Gruppen geflüchteter Kinder und Jugendlicher direkt und ungeplant ankommen.

„Ich vermute, dass wir weitere stationäre Unterbringungen brauchen, denn es ist ja nicht so, dass es hier ein Überangebot an Plätzen gibt“, sagte die Chefin von SOS-Kinderdorf. Zudem fehlten Fachkräfte, die es für die professionelle Betreuung dringend brauche. „Also rate ich eher dazu, eine gewisse Flexibilität zu zeigen.“ Das gelte auch für die Kitas, die Kinder aus der Ukraine aufnehmen sollen. „Auch hier muss man versuchen, die Platzkapazitäten vorübergehend zu erhöhen. Dann hat man eben befristet nicht den passenden Fachkräfteschlüssel, aber ich denke, das ließe sich bewerkstelligen in dieser besonderen Situation.“

Nicht zuletzt habe die Corona-Krise aber gezeigt, dass es in der Vergangenheit versäumt wurde, pädagogische Einrichtungen personell adäquat auszustatten. „Hier muss dringend nachgesteuert werden. Wir brauchen eine besser ausgestattete Jugendhilfe.“

1949 wurde das erste SOS-Kinderdorf gegründet. Inzwischen gibt es 575 SOS-Kinderdörfer weltweit. In Deutschland gibt es 240 Standorte, die Kindern, Jugendlichen und Familien Hilfen anbieten.