NRW: Paralleljustiz vor allem in patriarchalen Familienstrukturen

NRW: Paralleljustiz vor allem in patriarchalen Familienstrukturen

Düsseldorf (epd). In Nordrhein-Westfalen gibt es nach Angaben von Justizminister Peter Biesenbach (CDU) Paralleljustiz „in nennenswertem Umfang“. Gegen solche Strukturen werde das Land kurz- und mittelfristig verstärkt sowohl repressiv als auch präventiv vorgehen, kündigte Biesenbach am Donnerstag in Düsseldorf bei der Vorlage des bundesweit ersten „Lagebilds zur Paralleljustiz“ an.

Paralleljustiz etwa im Familienbereich komme „unabhängig von Ethnie, kultureller oder religiöser Prägung in bestimmten Millieus deutlich überdurchschnittlich vor“, berichtete der Erlanger Rechtswissenschaftler Mathias Rohe, der an der Erarbeitung des Lagebilds beteiligt war. Charakteristisch seien „patriarchalisch-kollektivistische, von Gewalterziehung und formalen Ehrbegriffen geprägte Familien- und Sozialstrukturen.“ Paralleljustiz sei nicht nur „ein frontaler Angriff auf den Rechtsstaat“, sondern setze auch eigene rechtsstaatswidrige Normenordnungen mit Drohung, Zwang oder Gewalt durch.

Opfer von Paralleljustiz seien die jeweils Schwächeren an Konflikten beteiligten Personen, in patriarchalischen Milieus zumeist Frauen und Mädchen, hieß es. Bei Konflikten, die in Straftaten umschlagen - etwa bei häuslicher Gewalt oder Gewalttaten im Namen der „Ehre“ seien auch Männer als Zeugen oder Opfer bedroht, erklärte Rohe. Der Wissenschaftler Hatem Elliesie vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung erklärte, prägende Merkmale der Paralleljustiz seien „in jedem Fall stark ausgeprägte Solidaritäts- und Loyalitätsverpflichtungen“.