Corona: Hohes Sterberisiko von Heimbewohnern nach Klinikeinweisung

Corona: Hohes Sterberisiko von Heimbewohnern nach Klinikeinweisung
Bewohner von Pflegeheimen, die wegen Corona ins Krankenhaus müssen, sterben fünfmal so häufig wie Heimbewohner, die wegen anderer Krankheiten in die Klinik kommen. Das zeigt eine Studie. Experten fordern mehr Schutz in Pflegeeinrichtungen.

Berlin, Dortmund (epd). Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen, die mit einer Covid-19-Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert werden, haben einer Studie zufolge ein Sterberisiko von über 50 Prozent. Nach einer vom Wissenschaftlichen Institut der AOK am Donnerstag in Berlin vorgestellten Analyse starben von den eingelieferten Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern im Durchschnitt 58 Prozent innerhalb der darauf folgenden 90 Tage. Für die Stiftung Patientenschutz ist die Studie Ausweis des „Versagens der deutschen Corona-Politik“.

Ein besonders hohes Sterberisiko haben laut der Auswertung Bewohnerinnen und Bewohner mit Niereninsuffizienz, Demenz, Blutkrebs-Erkrankungen, immunsuppressiven Therapien und vorausgegangener Organtransplantation. Bei Männern ist das Risiko zu sterben größer als bei Frauen. Da Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen am Ende ihres Lebens stehen und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ohnehin ein erhöhtes Sterberisiko aufweisen, verglich die Studie die Gruppe der Eingelieferten mit Stichproben aus Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern, die aufgrund anderer Erkrankungen als Covid-19 in ein Krankenhaus eingewiesen wurden. Bei ihnen lag die Sterberate unter zehn Prozent, wie es in der Studie heißt.

„Die Pandemie hat viele Verliererinnen und Verlierer. Die Auswertung belegt erneut, dass zu ihnen insbesondere die Alten und Pflegebedürftigen in den Heimen zählen“, sagte Adelheid Kuhlmey, Medizinsoziologin an der Berliner Charité, die an der Studie mitgewirkt hat. „Es ist ein ethischer Auftrag, aus den Ergebnissen Lehren für die zukünftige Ausgestaltung der Versorgung in den Pflegeeinrichtungen zu ziehen.“ Vor diesem Hintergrund erscheine die Mitte März eingeführte einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen „mehr als plausibel“, kommentierte Antje Schwinger vom AOK-Forschungsinstitut die Studienergebnisse.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte „konsequente Maßnahmen, die das verheerende Sterben eindämmen“. Er bekräftigte in Dortmund seine Forderung, für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen Ausweichquartiere in nahe gelegenen Krankenhäusern, Reha-Einrichtungen und Hotels vorzuhalten. Notwendig seien außerdem „externe medizinisch-pflegerische Taskforces, die die Pflegekräfte vor Ort bei einer drohenden Ketteninfektion kurzfristig unterstützen zu können“.

Insgesamt sind nach den Angaben fast 14.000 Covid-19-bedingte Krankenhausfälle in die Auswertung eingeflossen. Dies entspreche 64 Prozent der insgesamt an das Robert Koch-Institut übermittelten hospitalisierten Covid-19-Fälle aus Pflegeeinrichtungen. Basis der Analyse seien die Abrechnungsdaten von über 440.000 AOK-versicherten Pflegebedürftigen ab 60 Jahren. Für den Vergleich mit den Sterbequoten der Vorjahre 2015 bis 2019 seien die Daten von insgesamt 1.070.000 Personen ausgewertet worden, hieß es.