Den Haag (epd). Der Internationale Strafgerichtshof will so schnell wie möglich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine aktiv werden. Es gebe eine hinreichende Grundlage für Ermittlungen, teilte Chefankläger Karim Khan am Montagabend in Den Haag mit. Die Richter des Gerichts müssen dem Antrag auf Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens noch zustimmen. Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens werden mutmaßliche Täter identifiziert, die bei ausreichenden Beweisen angeklagt werden können.
Ermittlungen würden demnach Verbrechen rund um die „Maidan“-Proteste und die Kämpfe in der Ostukraine und auf der Krim umfassen. Außerdem wolle er Verbrechen untersuchen, die in den vergangenen Tagen auf dem Grundgebiet der Ukraine begangen wurden, erklärte Khan. Er habe sein Team bereits beauftragt, mögliche Beweise und Spuren zu sichern.
Ohne eine Beauftragung durch eines der Mitgliedsländer braucht der Chefankläger die formale Zustimmung der Richter zur Eröffnung eines Verfahrens. Die litauische Regierung hatte jedoch am Montag angekündigt, das Gericht einschalten zu wollen.
Khan hatte am Freitag erklärt, er verfolge die Entwicklungen in dem Konflikt genau und mit zunehmender Sorge. Der Strafgerichtshof in Den Haag kann in den 123 Mitgliedsstaaten Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgen. Die Ukraine ist kein Mitgliedsland des Strafgerichtshofs, hat dem Gericht aber die Erlaubnis erteilt, wegen Verbrechen auf ihrem Gebiet seit November 2013 aktiv zu werden.
Das Gericht kann seit 2018 auch das Verbrechen der Aggression verfolgen. Weil jedoch weder Russland noch die Ukraine Mitgliedsstaaten sind, könne das mutmaßliche Beginnen eines Angriffskriegs in diesem Fall nicht strafrechtlich verfolgt werden, erklärte Khan.