Sachsenhausen-Prozess vertagt

Sachsenhausen-Prozess vertagt
Weil ein Schöffe verhindert ist, verzögert sich der Sachsenhausen-Prozess. Bis Ende März werden Aussagen weiterer Sachverständiger und Nebenkläger erwartet.

Neuruppin (epd). Der Prozess gegen einen 101-jährigen früheren KZ-Wachmann vor dem Landgericht Neuruppin verzögert sich. Die für Donnerstag und Freitag angesetzten Verhandlungstermine seien wegen Verhinderung eines Schöffen aufgehoben worden, teilte das Gericht am Mittwoch mit. An diesen Tagen finde keine Hauptverhandlung statt. Unter anderem war die Aussage der stellvertretenden Leiterin der Gedenkstätte Sachsenhausen, Astrid Ley, als Sachverständige erwartet worden. Die Fortsetzung des Prozesses ist für den 23. Februar geplant.

Dem Angeklagten Josef S. wird Beihilfe zum grausamen und heimtückischen Mord in 3.518 Fällen im Konzentrationslager Sachsenhausen zwischen Oktober 1941 bis Februar 1945 vorgeworfen. Der 101-Jährige hat bislang bestritten, im KZ bei Oranienburg als Wachmann im Einsatz gewesen zu sein. Personalakten von dort belegen allerdings, dass Josef S. Mitglied verschiedener SS-Totenkopfwachbataillons war. Es geht um die Erschießung sowjetischer Kriegsgefangener, die Ermordung von Häftlingen durch Giftgas und um die Tötung von Häftlingen durch die Schaffung und Aufrechterhaltung von lebensfeindlichen Bedingungen. (AZ: 11 Ks 4/21)

Laut vorläufiger Verhandlungsplanung soll die stellvertretende Gedenkstättenleiterin Ley jetzt am 23. Februar als Sachverständige aussagen, einen Tag später ein Zeitzeuge aus Nordrhein-Westfalen. Außerdem soll ein anthropologischer Sachverständiger dazu befragt werden, ob S. auf einem Lichtbild zu erkennen ist.

Am 10. März soll laut dem Plan ein israelischer Nebenkläger sowie ein psychiatrischer Sachverständiger vernommen. Dieser werde unter anderem zum Themenkreis „Erinnerung und Verdrängung“ befragt. Die Aussagen eines weiteren Nebenklägers sowie einer Nebenklägerin aus Frankreich würden am Tag darauf (11. März) erwartet. Am 17. und 18. März sollen weitere historische Sachverständige aussagen.

Der Prozess gegen S. hat Anfang Oktober begonnen. Bislang sind Verhandlungstage bis Ende April geplant. Wegen des Gesundheitszustandes des Angeklagten ist die Verhandlung nach Brandenburg an der Havel verlegt worden. Der Hochbetagte ist nur wenige Stunden am Tag verhandlungsfähig.

In dem KZ Sachsenhausen waren von 1936 bis 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende von ihnen wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben.