Vorgesetzte des Patientenmörders Högel müssen sich verantworten

Vorgesetzte des Patientenmörders Högel müssen sich verantworten

Oldenburg, Delmenhorst (epd). Vor dem Oldenburger Landgericht beginnt am Donnerstag der Prozess gegen mehrere frühere Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel. Im Zentrum steht die Frage, ob der Pfleger Högel hätte gestoppt werden können, wenn Verantwortliche genauer hingeschaut oder nicht weggesehen hätten. Angeklagt sind vier Vorgesetzte aus der Klinik in Oldenburg und drei aus dem Krankenhaus Delmenhorst. Ihnen werden Tötung durch Unterlassen und Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Geplant sind laut einem Sprecher des Gerichts 42 Verhandlungstage (Az.: 5 Ks 20/16).

Der Ex-Krankenpfleger Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht wegen insgesamt 85 Morden im Klinikum Oldenburg und dem Krankenhaus Delmenhorst zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden. Außerdem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt (Az.: 5 Ks 1/18). Richter Sebastian Bührmann sprach damals von „unfassbaren“ Taten.

In dem Prozess gegen Högel war deutlich geworden, dass Hinweise auf seine Taten zwar vorhanden waren, daraus aber keine Konsequenzen folgten. Nach einem Verdacht in Oldenburg legten die Vorgesetzten dem Pfleger die Kündigung nahe. Mit einem guten Zeugnis bewarb sich Högel dann erfolgreich in Delmenhorst, wo er weiter mordete. Selbst als Högel im Juni 2005 auf frischer Tat ertappt wurde, durfte er noch zwei Schichten arbeiten, weil er dann Urlaub hatte. In dieser Zeit wollten die Vorgesetzten über das weitere Vorgehen beraten. Doch an seinem letzten Arbeitstag tötete Högel noch einmal eine Patientin.

Aus dem Krankenhaus Delmenhorst müssen sich zwei Oberärzte und die stellvertretende Leiterin Pflege der Intensivstation verantworten. Der ebenfalls angeklagte Pflegeleiter ist schwer erkrankt. Sein Verfahren soll später nachgeholt werden. Aus dem Klinikum Oldenburg müssen sich der damalige Geschäftsführer, der frühere ärztliche Leiter der kardiochirurgischen Intensivstation, der Leiter des Bereichs Pflege der kardiochirurgischen Intensivstation sowie die frühere Pflegedirektorin des Klinikums der Anklage stellen. Aufgrund des bundesweiten Interesses wird die Verhandlung - wie schon der Mordprozess gegen Högel - in der Oldenburger Weser-Ems-Halle geführt.

Högel hatte nach Überzeugung des Gerichts zwischen 2000 und 2005 in den Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst seine Patienten mit Medikamenten vergiftet, die zum Herzstillstand führten, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.