Studie: Kleinkinder haben im Lockdown mehr neue Worte gelernt

Studie: Kleinkinder haben im Lockdown mehr neue Worte gelernt

Göttingen (epd). Je häufiger Eltern im ersten Corona-Lockdown ihren Kindern etwas vorgelesen haben, desto mehr neue Wörter haben diese Kinder einer Studie zufolge gelernt. Kinder, die vermehrt mit Bildschirmen in Berührung gekommen seien, hätten weniger Wörter gelernt als ihre Altersgenossen mit weniger Bildschirmzeit, erklärte die Georg-August-Universität in Göttingen am Montag unter Berufung auf eine Untersuchung von Forscherinnen und Forscher aus 13 Ländern. Für die Studie seien Befragungen unter den Eltern von 2.200 Kindern im Alter zwischen acht und 36 Monaten ausgewertet worden.

Die Erhebung zeige weiter, dass Kinder während des Lockdowns mehr Zeit vor dem Bildschirm verbracht hätten als zuvor. Je länger der Lockdown gedauert habe, desto mehr Bildschirmzeit hätten die Eltern den Kindern erlaubt, hieß es. Zudem hätten die Kinder in Familien mit geringerer Schulbildung länger vor den Bildschirmen sitzen dürfen als in Familien, in denen die Eltern den Bildschirm selbst länger nutzten. Die Studie zur Sprachentwicklung zeige jedoch auch, dass die Kinder während des Lockdowns insgesamt mehr Wörter gelernt hätten als erwartet.

Dass sich Eltern-Kind-Aktivitäten auf den Wortschatzzuwachs des Kindes auswirkten, sei ein wichtiges Ergebnis, sagte Julien Mayor von der Universität Oslo. Seine Kollegin Natalia Kartushina, die ebenfalls in Oslo lehrt, warnte jedoch vor einer Überbewertung der Studie. Zwar deute vieles darauf hin, dass die relativ kurze Isolation keine nachteiligen Auswirkungen auf die Sprache von Kleinkindern gehabt habe. Doch hätten außergewöhnlichen Umstände vorgeherrscht, denen Kinder und Eltern ausgesetzt gewesen seien. Darum sei Vorsicht geboten mit der Annahme, dass die Ergebnisse auch auf normale Zeiten oder auf längere Schließungen übertragbar seien.

Denn die Autorinnen und Autoren der Studie führten die erhöhte Bildschirmzeit auch auf die Corona-Maßnahmen zurück: In vielen Ländern seien Kitas, Sporteinrichtungen und Spielgruppen für Kinder geschlossen gewesen. Die Hauptautorin Nivedita Mani von der Universität Göttingen verwies auf eine neuartige Situation, in der Eltern ihre Kleinkinder den ganzen Tag über zu Hause hätten betreuen und unterhalten müssen - zusätzlich zu ihren anderen Verpflichtungen. Ihr Kind länger vor dem Bildschirm zu lassen, sei in dieser noch nie dagewesene Situation eine verständliche Lösung.