Human Rights Watch: Auch in Außenpolitik Menschenrechte achten

Human Rights Watch: Auch in Außenpolitik Menschenrechte achten
Der Jahresbericht von Human Rights Watch dokumentiert Menschenrechtsverletzungen in mehr als hundert Ländern. Obwohl die Lage in Ländern wie Äthiopien dramatisch ist, ziehen die Menschenrechtler eine hoffnungsvolle Bilanz.

Brüssel (epd). Waffenlieferungen für Autokraten, Hilfe für die libysche Küstenwache: Human Rights Watch hat demokratische Länder für die Zusammenarbeit mit autoritären Herrschern in der ganzen Welt kritisiert. Viele Regierungen unterstützten autokratische Systeme, um Migration zu unterbinden, den Terrorismus zu bekämpfen oder für angebliche Stabilität zu sorgen, erklärte die Menschenrechtsorganisation anlässlich der Vorstellung ihres Jahresberichts am Donnerstag. Der Geschäftsführer der Organisation, Kenneth Roth, sprach mit Blick auf die Außenpolitik westlicher Regierungen bei einer Online-Pressekonferenz von „doppelten Standards“ und forderte ein stärkeres Eintreten für die Menschenrechte.

Die Menschenrechtler kritisieren in ihrem Jahresbericht beispielsweise die Europäische Union für die Kooperation mit der libyschen Küstenwache, an der die Staatengemeinschaft trotz Berichten über Folter in Libyen festhalte. Auch die USA lieferten weiter Waffen an Ägypten und Saudi-Arabien, obwohl US-Präsident Joe Biden eine menschenrechtsbasierte Außenpolitik versprochen habe. Deutschland warf die Organisation vor, die Bedürfnisse von afghanischen Menschenrechtlern und Journalisten nach der Machtübernahme der Taliban weitgehend ignoriert zu haben.

Demokratische Länder müssten mehr tun, als lediglich auf die Mängel autokratischer Herrschaft hinzuweisen, sagte Roth. Wer wirklich Demokratie fördern wolle, müsse für unabhängige Gerichte, freie Medien und eine lebendige Zivilgesellschaft eintreten - „selbst wenn dies unerwünschte Zweifel und Kritik an der eigenen Politik mit sich bringt“.

Der Bericht von Human Rights Watch für das Jahr 2021 dokumentiert Menschenrechtsverletzungen in mehr als 100 Ländern. Dabei beleuchten die Autorinnen und Autoren unter anderem Verstöße gegen das Flüchtlingsrecht, Angriffe auf Medienschaffende und Aktivistinnen sowie mögliche Kriegsverbrechen.

Roth hob am Donnerstag die Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien hervor, wo seit November 2020 im Norden ein Bürgerkrieg herrscht. Die internationale Gemeinschaft rief er dazu auf, mehr Druck auf den Premierminister und Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed aufzubauen. Seine Regierung blockiere humanitäre Hilfe für die Krisenregion Tigray und bestrafe damit die dortige Bevölkerung. Beispielsweise mit Blick auf den Putsch in Mali warnte Roth vor „signifikanten Rückschlägen“ für die Demokratie auf dem afrikanischen Kontinent. Zugleich zeige der friedliche Verlauf der Wahlen in Sambia, dass auch in ärmeren Ländern ein demokratischer Machtwechsel möglich sei.

Auch im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen kommt es laut dem Bericht in mehreren Ländern immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen. Russland und Uganda hätten die Pandemie als Vorwand genutzt, um gegen Proteste vorzugehen, sagte Roth. Autokraten unterdrückten zudem Kritiker ihrer Corona-Politik und versuchten, sie zum Schweigen zu bringen. Die Pandemie könne am besten bekämpft werden, „wenn der freie Fluss von Informationen ermöglicht wird“, sagte Roth.

Mit Blick auf die pro-demokratischen Proteste etwa im Sudan zog Roth eine hoffnungsvolle Bilanz. Trotz Repression und teilweise unter Lebensgefahr seien Menschen gegen autoritäre Regierungen auf die Straße gegangen, sagte er. Das zeige, „welch enorme Anziehungskraft die Demokratie immer noch besitzt“.