Report: Arbeitsinklusion durch Pandemie um Jahre zurückgeworfen

Report: Arbeitsinklusion durch Pandemie um Jahre zurückgeworfen
Der Arbeitsmarkt erholt sich für Menschen mit Behinderung nur langsam. Das geht aus dem "Inklusionsbarometer 2022" hervor. So steige in der Corona-Pandemie die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit an, warnt die Aktion Mensch.

Bonn (epd). Der Stand der Inklusion Schwerbehinderter in den Arbeitsmarkt bleibt laut der Aktion Mensch „alarmierend“. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2021 waren in Deutschland im Schnitt 174.006 Menschen mit Schwerbehinderung arbeitslos, zeigt das am Dienstag in Bonn veröffentlichte „Inklusionsbarometer Arbeit 2022“ der Aktion Mensch und des Düsseldorfer Handelsblatt Research Institutes. Der Wert liege über dem des vergangenen Jahres, als durchschnittlich 169.691 Menschen mit Schwerbehinderung keine Arbeit hatten.

Den bisherigen Höchststand der Arbeitslosenzahlen seit Beginn der Corona-Krise verzeichnet der Report im Januar 2021 mit 180.047 schwerbehinderten Arbeitslosen. Die Arbeitsmarktsituation für Menschen mit Behinderung erhole sich langsamer als für Menschen ohne Behinderung. Laut Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes, ist das Niveau der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt damit nun wieder auf den Stand von 2016 zurückgefallen.

Zwar habe sich der negative Trend im Jahresverlauf 2021 etwas verlangsamt, hieß es. So sei die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung im Oktober 2021 rund vier Prozent niedriger gewesen als im Oktober 2020. Das sei aber noch kein Grund zur Entwarnung, denn die Beschäftigtenzahlen seien noch immer niedriger als vor der Pandemie: So habe die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung im Oktober 2021 um 8,3 Prozent über dem Wert von Oktober 2019 gelegen.

Dieses Bild zeigt sich auch in vielen Bundesländern: Vor allem in Hamburg waren im Oktober 2021 mit 15,7 Prozent deutlich mehr Menschen mit Schwerbehinderung arbeitslos als im Oktober 2019. Ebenfalls stark gestiegene Zahlen verzeichneten Bayern mit einem Plus von 13,6 Prozent und Berlin mit einem Plus von elf Prozent. Nordrhein-Westfalen lag mit einem Plus von 8,7 Prozent etwa im Durchschnitt. In Thüringen (0,3 Prozent), Sachsen-Anhalt (0,6 Prozent) und Bremen (1,5 Prozent) lagen die Zahlen der arbeitslosen Menschen mit Behinderung im Oktober 2021 allerdings kaum über dem Wert von Oktober 2019.

Rürup erklärte, für Menschen mit Behinderung entwickele sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt weniger positiv als für Menschen ohne körperliche oder geistige Einschränkung. So steige auch die Gefahr, dass noch mehr Menschen mit Behinderung in die Langzeitarbeitslosigkeit geraten. Das ist laut Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch, für Menschen mit Schwerbehinderung besonders gravierend: „Sie werden schlichtweg vergessen und durch strukturelle Barrieren auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt.“

Mit Blick auf den Fachkräftemangel werde es aber künftig noch wichtiger sein, Menschen mit Handicap in den ersten Arbeitsmarkt zu inkludieren, heißt es in dem Report. Dafür sei etwa mehr Barrierefreiheit am Arbeitsplatz nötig. Marx forderte: „Idealerweise sollten sich Unternehmen nicht erst aufgrund von Neueinstellungen um Barrierefreiheit bemühen, sondern bereits präventiv die strukturellen Rahmenbedingungen für die Einstellung von Menschen mit Behinderung verbessern.“ Zudem wünschten Menschen mit Behinderung sich von ihren Arbeitgebern ein besseres Verständnis für etwaige Beeinträchtigungen und mehr Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit.