Bundessozialgericht erleichtert Therapie traumatisierter Flüchtlinge

Bundessozialgericht erleichtert Therapie traumatisierter Flüchtlinge

Kassel (epd). Das Bundessozialgericht hat die psychotherapeutische Versorgung traumatisierter Asylbewerber erleichtert. Wie die Kasseler Richter am Donnerstag urteilten, können Therapeutinnen und Therapeuten verlangen, dass die kassenärztlichen Vereinigungen sie trotz fehlender Zulassung zur Behandlung traumatisierter Flüchtlinge ermächtigt und die Psychotherapien dann auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden. (AZ: B 6 KA 16/20 R)

Asylbewerber haben bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag die ersten 18 Monate (früher 15 Monate) gegenüber dem jeweiligen Bundesland einen direkten Anspruch auf Kostenübernahme für eine medizinische Versorgung. Danach sind die gesetzlichen Krankenkassen zuständig. Eine Behandlung auf Krankenkassenkosten ist danach nur bei einem zugelassenen Arzt oder Psychotherapeuten möglich.

Im Zuge hoher Flüchtlingszahlen hatte der Gesetzgeber 2015 auf die besonderen psychischen Probleme der Menschen reagiert. Danach sind Ärzte und Therapeuten auch ohne Zulassung zur ambulanten Behandlung von Asylbewerbern zu „ermächtigen“, wenn die Menschen „Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben“.

Die kassenärztliche Vereinigung Berlin meinte, dass Therapeuten nur dann zur Behandlung auf Kassenkosten ermächtigt werden können, wenn die Therapie bereits während der ersten 18 (früher 15) Aufenthaltsmonate begonnen wurde. Werde die Behandlung später angefangen, müsse sich der Flüchtling einen bereits zugelassenen Therapeuten suchen.

Dem widersprach nun das BSG. Auch nach der Frist von 18 beziehungsweise früher 15 Monaten könne ein psychologischer Psychotherapeut von der kassenärztlichen Vereinigung die Ermächtigung zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung traumatisierter Asylbewerber verlangen.

Zum einen habe der Gesetzgeber „Versorgungsbrüche“ vermeiden wollen, wenn etwa ein Flüchtling zunächst auf Kosten eines Bundeslandes eine psychotherapeutische Behandlung beginnt, dann aber nach 18 Monaten diesen wegen fehlender Kassenzulassung wechseln muss. Auch habe eine Konkurrenzsituation zwischen bereits hier lebenden Migranten und den neu angekommenen Flüchtlingen bei den knappen Therapieplätzen vermieden werden sollen.