Umfrage: Geringes Vertrauen in Staat und Politik

Umfrage: Geringes Vertrauen in Staat und Politik

Köln, Hofheim (epd). Eine große Mehrheit der Deutschen blickt einer Untersuchung zufolge ängstlich auf die gesellschaftliche Zukunft. Mangelndes Vertrauen in Staat und Institutionen sowie die Angst vor gesellschaftlicher Spaltung forcierten den Rückzug in private Nischen, teilten das Marktforschungsinstitut Rheingold in Köln und die gemeinnützige Stiftung Identity Foundation in Hofheim am Donnerstag mit. Nach Angaben der kooperierenden Institute wurden für die Studie neben einer repräsentativen quantitativen Befragung von über 1.000 Menschen auch 64 Menschen in jeweils zweistündigen psychologischen Tiefeninterviews befragt.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Leistungsfähigkeit des Staates und die Zukunftschancen Deutschlands skeptisch beurteilt würden, hieß es. Das Vertrauen, dass Staat, Politik, Institutionen und Parteien die Krisen lösen können, sei erodiert. Nur 26 Prozent der Befragten stimme das Wirken von Politik und Parteien optimistisch für die Zukunft. Die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Mehrheit spiegele sich in Aussagen wie „Deutschland steht vor einem Niedergang“ (61 Prozent) und „durch Krisen wie Corona und den Klimawandel stehen uns drastische Veränderungen bevor“ (88 Prozent) wider.

Viele Bürgerinnen und Bürger befänden sich in einem akuten Machbarkeits-Dilemma. Sie würden die großen Zukunftsprobleme erkennen, hätten aber keine Idee, wie sich diese Jahrhundert-Herausforderungen bewältigen lassen. Daher zögen sie sich zunehmend in ihr „privates Schneckenhaus“ zurück. „Die Menschen verschanzen sich in kleinen Wirkungskreisen mit Gleichgesinnten und versuchen in ihren persönlichen Umfeldern zu retten, was noch zu retten ist“, erklärte Stephan Grünewald, Psychologe und Gründer des Rheingold Instituts.

Der Glaube an den vereinenden Staat hingegen schwinde. Die größte Zukunftsangst betreffe den Wandel des sozialen Klimas mit einem Auseinanderdriften der Gesellschaft. Auch das Regierungshandeln während der Corona- und Klimakrise sei von vielen Menschen als unzulänglich erlebt worden, was zu einem verunsicherten und teils resignierten Verhältnis zur Politik beitrage.

Neben der Zukunftsangst wachse aber auch die Bereitschaft, allein oder mit Gleichgesinnten für eine lebenswerte Zukunft tätig zu werden, lautet ein Ergebnis der Untersuchung. Private „Nischen-Projekte“, das Kümmern um die eigene Welt und das Streben nach dem persönlichen kleinen Glück stünden derzeit hoch im Kurs. Optimismus für die Zukunft speise sich vor allem aus dem Glauben an die eigenen Fähigkeiten (79 Prozent), der eigenen Familie (79 Prozent) und dem persönlichen Umfeld (81 Prozent).