Missbrauchsklagen: Gericht verweist auf Immunität des Heiligen Stuhls

Missbrauchsklagen: Gericht verweist auf Immunität des Heiligen Stuhls

Brüssel, Straßburg (epd). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine Klage, die sich auf Missbrauchsvorwürfe gegen die katholische Kirche bezog, mit Verweis auf die völkerrechtliche Immunität des Heiligen Stuhls abgewiesen. Die 24 Kläger hatten zunächst vor einem belgischen Gericht gegen den Heiligen Stuhl, verschiedene katholische Organisationen und Bischöfe geklagt, erklärte der EGMR am Dienstag in Straßburg. Als die belgische Justiz die Klage gegen den Heiligen Stuhl wegen dessen Immunität abwies, zogen sie vor den EGMR und belangten den belgischen Staat, da dieser das Menschenrecht auf Zugang zu einem Gericht verletzt habe. (AZ: 11625/17)

Die 24 Betroffenen aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden waren nach ihren Angaben als Kinder von katholischen Priestern oder Ordensleuten missbraucht worden, wie der EGMR rekapitulierte. Deswegen und wegen mangelnder Aufklärung durch die Kirche erhoben sie in Belgien Klage und forderten Entschädigungen von 10.000 Euro pro Person.

Die belgische Justiz wies das laut EGMR mit Blick auf die Bischöfe und Organisationen wegen Formfehlern ab. Beim Heiligen Stuhl erklärte sie sich demnach für unzuständig. Es sei international anerkannt, dass der Heilige Stuhl über die „üblichen Attribute eines ausländischen Souveräns verfüge, mit denselben Rechten und Pflichten wie ein Staat“, fasste der EGMR die Argumentation zusammen. Angeführt wurden beispielsweise die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls mit rund 185 Staaten, darunter seit 1832 mit Belgien.

Es ging auch um die Frage, ob im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der Staatenimmunität gelten könnte. Die belgische Justiz verneinte laut EGMR auch das.

Insgesamt sei die belgische Justiz nicht von völkerrechtlich etablierten Prinzipien abgewichen, befand nun das Straßburger Gericht. Sein Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Unterdessen haben laut EGMR 20 der 24 Kläger - die anderen vier hätten dies nicht beantragt - Entschädigungen durch eine Schlichtungsstelle der katholischen Kirche erhalten.