Missbrauch: Massive Kritik an katholischem Entschädigungsverfahren

Missbrauch: Massive Kritik an katholischem Entschädigungsverfahren

Frankfurt a.M. (epd). Vor der Herbstvollversammlung der katholischen deutschen Bischöfe fordert der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz einem Medienbericht zufolge, das bisherige Verfahren zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern zu stoppen. Das Verfahren führe zu zahlreichen Retraumatisierungen bis hin zu Krankenhausaufenthalten, weil es intransparent und ungerecht sei, zitiert die Zeitschrift „Publik Forum“ (Sonntag/Online) aus einem Brief des Beirats an die 27 Diözesanbischöfe und die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles. Die Herbstvollversammlung beginnt am Montag in Fulda.

Das Anerkennungssystem lasse „in erheblichem Maße Transparenz und damit Nachvollziehbarkeit vermissen“, heißt es laut Bericht in dem Schreiben. Viele Bescheide fielen für die Beteiligten unverständlich und unangemessen gering aus. Das Ziel, Verantwortung durch eine angemessene materielle Anerkennung des Leids zu übernehmen, werde durch das derzeit bestehende System konterkariert.

Auf der Herbstversammlung vor einem Jahr hatten sich die Bischöfe darauf verständigt, bis zu 50.000 Euro an Missbrauchsbetroffene zu zahlen. Das seit Anfang des Jahres laufende Verfahren sieht vor, dass auch Betroffene Anträge stellen können, die bereits in einem früheren Verfahren Geld erhalten hatten. Im Juni gab die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen bekannt, dass 1.136 Anträgen eingegangen seien. Bis zu diesem Zeitpunkt waren den Angaben zufolge 142 Fällen entschieden.

Der Brief der Betroffenen listet laut „Publik Forum“ weitere Probleme auf: Die Ansprechpersonen in den Bistümern seien manchmal abhängig von der Kirche. Es sei unklar, ob beim Antrag „direkte Traumafolgen und weitere Langzeitfolgen zu dokumentieren und gutachterlich zu belegen“ seien. Die Entscheide würden nicht individuell begründet, Widerspruch sei unmöglich. „Manchmal bekommen Betroffene nur wenig mehr Geld als beim ersten Verfahren“, sagte Jens Windel von der Betroffeneninitiative Hildesheim der Zeitschrift. „Und 50.000 Euro gibt es nur selten.“

Bischofskonferenz-Sprecher Matthias Kopp zeigte Verständnis dafür, „dass die Bearbeitungsdauer der Anträge problematisiert wird“. Er gehe davon aus, dass die Beschleunigung bei der Verfahrensabwicklung „im Herbst spürbar“ werde, sagte er zu „Publik Forum“. Bei Herbstversammlung der Bischöfe würden die Probleme diskutiert.