Aktivistinnen: "Taliban haben gelernt zu lügen"

Aktivistinnen: "Taliban haben gelernt zu lügen"

Berlin (epd). Afghanische Frauenrechtlerinnen haben die internationale Gemeinschaft davor gewarnt, der moderateren Selbstdarstellung der Taliban in Afghanistan Glauben zu schenken. Die tatsächliche Haltung des Regimes unterscheide sich in keiner Weise vom Wertesystem von vor 20 Jahren, sagten drei aus verschiedenen afghanischen Städten zugeschalteten Aktivistinnen in einer virtuellen Konferenz der Berliner Organisation Yaar am Donnerstag. Die Taliban hätten lediglich dazugelernt, wie man sich inszeniert und die Realität verzerrt, um eigene Ziele zu erreichen, betonten die Frauen. Ihre Namen sollen zu ihrem Schutz nicht genannt werden.

Aktivistinnen haben im Laufe der vergangenen Woche in verschiedenen Teilen Afghanistans für die Einhaltung der Menschenrechte und die Teilhabe von Frauen am öffentlichen Leben demonstriert. Um die Sicherheit der Teilnehmerinnen und solidarisierender Teilnehmer zu gewährleisten, hätten sie dafür stets die Erlaubnis der örtlichen Behörden eingeholt, sagten die zugeschalteten Frauen. Doch nachdem die Proteste zum Beispiel durch den Bürgermeister von Masar-i-Scharif genehmigt wurden, seien Teilnehmende noch auf dem Weg zum Demonstrationsplatz verfolgt und angegriffen worden. Diese Strategie habe System. Die Taliban hätten gelernt zu lügen.

Inzwischen hat das neue Taliban-Regime ein weitreichendes Protestverbot erlassen. In seiner ersten Verordnung erklärte das Innenministerium am Mittwochabend, Demonstrationen ohne eine vorherige Genehmigung seien nicht mehr erlaubt. Kundgebungen müssten künftig angemeldet werden, ebenso wie alle Slogans, die man dabei verwenden wolle. Es steht zu befürchten, dass es Frauen damit erschwert werden soll, zu protestieren. Das Ministerium wird von Siradschuddin Hakkani geleitet, dem von den USA steckbrieflich gesuchten Anführer der berüchtigten Hakkani-Terrorgruppe.

Die Frauen erzählten schon jetzt von vielfältigen gewalttägigen Übergriffen, bei denen sie in den vergangenen Tagen Zeuginnen und Opfer wurden. Die Aggressionen reichten von massiver Beleidung und dem Beschlagnahmen von Handys, über Androhung von Folter und Selbstmordattentaten bis hin zu tätlicher Gewalt mit Pfefferspray, Stahlknüppel und Schusswaffen.

Die Repression betreffe allerdings nicht nur Frauen, stellte eine der Aktivistinnen klar. Auch ethnische und religiöse Minderheiten würden verfolgt. In Afghanistan herrsche Krieg zwischen Taliban und Zivilbevölkerung.