Frankfurt a.M., Addis Abeba (epd). Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed steht nach einem Sieg seiner Partei bei den Parlamentswahlen vor einer weiteren Amtszeit. Abiys „Wohlstandspartei“ gewann bei den Wahlen Ende Juni 410 der 484 Parlamentssitze, wie die staatliche Nachrichtenagentur ENA am Samstagabend unter Berufung auf das Ergebnis der Wahlkommission berichtete. Abyi regiert das Land am Horn von Afrika seit 2018.
Wegen anhaltender Konflikte in Teilen des Landes und Verzögerungen bei der Vorbereitung konnte in rund 20 Prozent der Wahlkreise nicht abgestimmt werden. Ob die Wahl dort wie geplant am 6. September nachgeholt werden kann, ist noch unklar. Die Afrikanische Union (AU) hatte den Verlauf der Wahl als geordnet, friedlich und glaubwürdig bezeichnet. Mehrere Oppositionsparteien hatten die Abstimmung am 21. Juni jedoch boykottiert, weil einige führende Politiker festgenommen und Mitglieder eingeschüchtert worden seien. Die EU hatte keine Beobachtungsmission entsandt und damit begründet, dass die äthiopische Regierung sich geweigert habe, die Unabhängigkeit der Mission zu gewährleisten.
Die Abstimmung wurde als Test für Ministerpräsident Abiy gesehen, der nach seinem Amtsantritt 2018 für seine Reformen gelobt wurde und für die Annäherung mit dem Nachbarland Eritrea 2019 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Wegen seines Vorgehens in der Krisenregion Tigray und seiner zunehmend autoritären Führung steht er jedoch in der Kritik. In Tigray war im November ein militärischer Konflikt ausgebrochen, durch den seither Tausende Menschen getötet und Hunderttausende vertrieben wurden. Der Regierung wird unter anderem vorgeworfen, humanitäre Hilfe zu blockieren. Hintergrund des Konflikts war die Verschiebung der Parlamentswahl.