90 Prozent der Deutschen wollen klimaneutrale Wirtschaft

90 Prozent der Deutschen wollen klimaneutrale Wirtschaft
Der Klimawandel macht der Mehrheit der Menschen in Deutschland auch in der Corona-Pandemie große Sorgen. 90 Prozent befürworten deshalb laut einer Studie einen zügigen Umbau der Wirtschaft. Nur ein Viertel findet, dass die Politik genug tut.

Berlin (epd). Trotz der Corona-Pandemie sorgt sich die übergroße Mehrheit der Menschen in Deutschland weiter um den Klimaschutz. Laut der am Donnerstag in Berlin von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt (UBA) vorgestellten Umweltbewusstseinsstudie 2020 halten 70 Prozent den Klimaschutz für weiterhin wichtig. Für 16 Prozent ist er im Corona-Krisenjahr 2020 sogar noch wichtiger geworden. Rund 90 Prozent befürworten demnach einen zügigen und zugleich sozialverträglichen Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Handlungsbedarf sehen die Befragten vor allem in den Bereichen Energie, Landwirtschaft und Verkehr.

So sprechen sich knapp zwei Drittel der Menschen in Deutschland für ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen aus. Etwa 90 Prozent wünschen sich, dass das Fahren mit Bussen und Bahnen kostengünstiger und das Angebot ausgeweitet wird. Rund 90 Prozent sehen großen Handlungsbedarf bei der Verringerung von Verpackungsmüll und Lebensmittelabfällen. Knapp zwei Drittel wünschen sich auch ein besseres Angebot an vegetarischen und veganen Produkten und Speisen in Kantinen und Gaststätten.

Die Deutschen stellen dabei den Akteuren im Bereich Umwelt- und Klimaschutz ziemlich schlechte Zeugnisse aus, mit Ausnahme der Umweltverbände. Nur 26 Prozent finden, dass die Bundesregierung genug tut, bei den Städten und Gemeinden sind es 34 Prozent. Am schlechtesten wird das Agieren von Industrie und Wirtschaft beurteilt. Hier finden nur 16 Prozent, dass ausreichend etwas getan wird. Auch ihren eigenen Beitrag zum Klimaschutz schätzen die Befragten mit 21 Prozent nur gering ein.

So kaufen nur ein Viertel (26 Prozent) Bio-Lebensmittel ein, eine Verbesserung um einen Prozentpunkt seit 2019. Nur 40 Prozent benutzen für ihre alltäglichen Wege Fahrrad und Öffentlichen Nahverkehr (plus drei Prozentpunkte).

Dagegen ist bei nur noch zwölf Prozent der Menschen in Deutschland Fleisch ein Muss bei den Hauptmahlzeiten, ein Minus von sieben Prozentpunkten. Den größten Sprung gab es seit der letzten Studie 2019 beim Bezug von Ökostrom von 38 auf 53 Prozent.

Das Umwelt- und Klimaschutzbewusstsein der Menschen sei so hoch wie zuletzt in den 1980er Jahren, sagte der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner: "Damals hatten wir Tschernobyl, das Ozonloch und das Waldsterben. Heute sind es die Dürresommer, die UN-Klimakonferenzen und 'Fridays for Future'." Er sehe dabei einen wichtigen Bewussteinswandel bei den Menschen, sagte Messner: "Den Abschied von dem alten Weltbild, dass Ressourcenverbrauch und Wohlstand zusammen gehören müssen."

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, dass trotz Corona Umwelt- und Klimaschutz ein Top-Thema für die Menschen in Deutschland bleibe, mache ihr Mut. "Sie wollen Veränderungen und fordern diese auch konkret ein", sagte Schulze. Klimaschutz müsse zur Richtschnur für nahezu alle Politikbereiche werden. "Die Mehrheit der Menschen sieht längst, dass Klimaschutz Arbeitsplätze schafft und unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger macht", so die Bundesumweltministerin.

Für die Umweltbewusstseinsstudie wurden im November und Dezember 2020 etwa 2.000 Bürgerinnen und Bürger befragt. Die repräsentative Umweltbewusstseinsstudie wird seit 1996 alle zwei Jahre veröffentlicht.