Dresdner Messerattacke: Schwer verletzter Lebenspartner sagt aus

Dresdner Messerattacke: Schwer verletzter Lebenspartner sagt aus
Die tödliche Messerattacke auf ein schwules Pärchen in Dresden ist laut Ermittlern in Sekundenschnelle verübt worden. Der Täter floh unmittelbar danach und verließ das Stadtzentrum. Gut zwei Wochen später wurde der Syrer gefasst.

Dresden (epd). Im Prozess um die Messerattacke auf ein schwules Paar in Dresden hat am Freitag der Lebenspartner des getöteten Mannes ausgesagt. Sichtlich aufgewühlt und unter Tränen schilderte er vor dem Oberlandesgericht (OLG) den laut Anklage homophoben Angriff vom Oktober 2020. Dabei war der heute 54-jährige Oliver L. per Video live in den Dresdner Gerichtssaal zugeschaltet. Angeklagt ist ein 21-jähriger Syrer, der den Behörden als islamistischer Gefährder bekannt ist. Der Prozess hatte am Montag, sechs Monate nach der Tat, begonnen.

Die homosexuellen Männer aus Nordrhein-Westfalen waren laut OLG seit mehr als sieben Jahren ein Paar. In Dresden waren sie als Touristen unterwegs. "Dass wir Hände gehalten haben, würde ich komplett ausschließen", sagte der Partner des Getöteten, "das haben wir nie gemacht". Einem Psychiater hatte der Angeklagte im Gefängnis gesagt, er habe die beiden Männer als Paar wahrgenommen und sie dafür bestrafen wollen.

Der bei dem Angriff schwer verletzte Oliver L. sagte in seiner Zeugenaussage vor Gericht, er habe plötzlich einen Schlag gespürt, so als habe ein Bekannter die beiden Männer von hinten überraschen wollen. Er und sein Partner hätten sich überrascht und zeitgleich umgedreht und gemerkt, dass die Situation bedrohlich war. Sie hätten sich angeschaut und um Hilfe gerufen.

Er erinnere sich nicht mehr an alle Details, wisse aber, dass er am Boden gelegen habe und ins Krankenhaus gebracht wurde. Er habe kaum Luft bekommen, sein Rücken habe wehgetan. "Ich weiß genau, dass wir zeitgleich gerufen haben", sagte der Lebenspartner des Getöteten: "Es war sofort klar, dass hier eine starke Bedrohung war." Der Kölner war nach eigenen Angaben mehr als 40 Tage krankgeschrieben. Er sei noch immer in der Trauerbewältigung und in psychologischer Betreuung. Von den schweren Verletzungen seien Taubheitsgefühle im Rücken und am Bein zurückgeblieben.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten Mord, versuchten Mord sowie gefährliche Körperverletzung vor. Das virtuelle Vorgehen bei der Zeugenaussage des Opfers hatte das Dresdner Gericht vorgeschlagen, weil der Lebenspartner unter einer posttraumatischen Störung leidet und derzeit nicht in der Lage ist, nach Dresden zu reisen. Der Kölner hatte den Messerangriff schwer verletzt überlebt.

Ein Ermittler vom Bundeskriminalamt, der Geodaten vom Handy des Angeklagten ausgewertet hatte, zeichnete in seiner Zeugenaussage den Weg des Syrers bis zum Tatort nach. Unter anderem hatte sich dieser vor dem Angriff auf dem Neumarkt vor der Dresdner Frauenkirche aufgehalten. Den Daten zufolge hatte die Attacke weniger als eine Minute gedauert, danach floh der Täter und entkam zunächst. Er wurde mehr als zwei Wochen später auf der Grundlage von DNA-Spuren gefasst.

Bei der Messeattacke am Abend des 4. Oktober 2020 war ein 55-jähriger Mann aus dem nordrhein-westfälischen Krefeld tödlich verletzt worden. Hintergrund des Angriffs sind laut Anklage eine radikal-islamistische Gesinnung sowie ein homophobes Tatmotiv des Angeklagten. Abdullah A. soll das Paar heimtückisch von hinten angegriffen und auf die beiden Männer mit zwei Messern unvermittelt eingestochen haben. Der Angeklagte ist den Behörden seit 2017 als islamistischer Gefährder bekannt.