Deutschland stoppt Impfungen mit Astrazeneca

Impfstoff Astrazeneca in Deitschland nicht mehr verimpft
©Nicolas Armer/dpa
Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa hält das Paul-Ehrlich-Institut weitere Untersuchungen für notwendig.
Deutschland stoppt Impfungen mit Astrazeneca
Paul-Ehrlich-Institut hält weitere Untersuchungen für notwendig
Nach Meldungen von Thrombosefällen setzt Deutschland die Corona-Impfungen mit Astrazeneca aus. Gesundheitsminister Spahn betont, dass es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme handelt.

Berlin (epd). Deutschland setzt die Corona-Schutzimpfungen mit dem Präparat von Astrazeneca vorsorglich aus. Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa halte das Paul-Ehrlich-Institut weitere Untersuchungen für notwendig, teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montag in Berlin mit. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA werde entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von einer "reinen Vorsichtsmaßnahme". Er betonte: "Wir setzen aus, um zu überprüfen." Das Ergebnis der Überprüfung sei offen. Allen sei die Tragweite dieser Entscheidung sehr bewusst, betonte er.

Die Thrombosefälle seien "sehr selten", hob Spahn zugleich hervor. Es handele sich um sieben berichtete Fälle bei mehr als 1,6 Millionen Impfungen in Deutschland. Doch für das Vertrauen in den Impfstoff sei es am wichtigsten, den fachlichen Empfehlungen zu folgen.

Die Entscheidung betreffe Erst- und Folgeimpfungen. Folgeimpfungen könnten nach einer positiven Entscheidung der EMA gegebenenfalls nachgeholt werden. Idealerweise komme die Behörde noch im Laufe dieser Woche zu ihrer Entscheidung und Empfehlung, sagte Spahn. Die Expertinnen und Experten müssten auch die Frage klären, ob der Nutzen der Impfung weiterhin größer sei als mögliche Risiken. Denn klar sei: "Auch Nicht-Impfen hat schwere gesundheitliche Folgen."

Spahn wies auf einen Aufruf des Paul-Ehrlich-Instituts hin, dass Personen, die den Impfstoff bereits erhalten haben und sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlen, etwa mit starken, anhaltenden Kopfschmerzen oder Hautblutungen, sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben sollten.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bewertete die Aussetzung von Astrazeneca-Impfungen als "großen Fehler". Das schaffe nur große Verunsicherung und Misstrauen in einer Situation, in der es auf jede Impfung ankomme, sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). "Besser wäre eine Prüfung bei laufenden Impfungen. Ich kenne keine Analysen, die ein Aussetzen rechtfertigen würden." Er fügte hinzu: "Das Risiko einer Thrombose liegt in der Größenordnung von eins zu 100.000 oder weniger und scheint im Vergleich zu Ungeimpften nicht erhöht zu sein."

Bislang wurden in Deutschland die Impfstoffe von Astrazeneca, Biontech/Pfizer und Moderna eingesetzt. Außerdem erteilte die EMA vergangene Woche die Zulassung für das Vakzin von Johnson & Johnson. Laut Robert Koch-Institut gab es in Deutschland insgesamt rund 9,4 Millionen Erst- und Zweitimpfungen. Inwieweit der Stopp für Astrazeneca zu Verzögerungen bei der Impfkampagne führt, blieb zunächst unklar.

epd kfr/mey jup