Scheidender rheinischer Präses: Ohne Tabus über Reformen nachdenken

Scheidender rheinischer Präses: Ohne Tabus über Reformen nachdenken
13.03.2021
epd
epd-Gespräch: Ingo Lehnick

Düsseldorf (epd). Der scheidende Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, sieht die Kirche vor grundlegenden Veränderungen. "Angesichts einer kleiner werdenden Kirche müssen wir ohne Tabus über die Zukunft nachdenken", sagte der Theologe, der am 20. März in den Ruhestand verabschiedet wird, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Die Energie muss mehr in die Erfüllung unseres Auftrags fließen und weniger in den Erhalt des kirchlichen Betriebs." Sorge vor einem zu radikalen Wandel habe er nicht: "Wir springen bei Reformen selten zu weit."

Rekowski plädierte dafür, den Aufwand für Verwaltung und Organisation zu verringern und verstärkt innovative und unkonventionelle Formen kirchlichen Lebens auszuprobieren. Dabei müsse dezentral gedacht werden: "Kirche lebt davon, dass Menschen vor Ort tätig werden und etwas bewegen." In seiner achtjährigen Amtszeit als leitender Theologe der zweitgrößten Landeskirche in Deutschland sei ihm unter der Überschrift "Leichtes Gepäck" von Anfang an wichtig gewesen, die Weichen für eine Kirche zu stellen, die mit weniger Strukturen und Vorschriften auskommt.

Das Problembewusstsein sei inzwischen vorhanden, "aber im Blick auf Lösungen und die Umsetzung haben wir noch eine Menge zu tun", räumte der 63-Jährige ein. Beiträge wie ein im Januar veröffentlichtes Impulspapier der rheinischen Kirche, in dem unter anderem die Kirchensteuer und das Berufsbeamtentum infrage gestellt werden, eröffneten dringend nötige Diskussionen.

Aufgabe der Kirche sei nach der sechsten These der Barmer Theologischen Erklärung, "die Botschaft der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk". Das meine Verkündigung, aber auch Diakonie und Seelsorge, sagte Rekowski. Die Kirche müsse auch mit dem unverfügbaren Handeln Gottes rechnen. In vielen Reformansätzen wie dem Positionspapier "Kirche der Freiheit" aus dem Jahr 2006 sei sehr stark auf Machbarkeit, Konzepte und Organisationsoptimierung gesetzt worden.

Gesellschaftlich und politisch bleibe die kirchliche Botschaft trotz sinkender Mitgliederzahlen relevant, unterstrich der Präses der rheinischen Kirche, die knapp 2,4 Millionen Mitglieder in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland zählt. Er lobte, viele Kirchengemeinden hätten unter anderem mit digitalen Gottesdiensten sehr schnell auf die Corona-Krise reagiert, dies sei ein Zeichen einer veränderungsbereiten Kirche.

Auf seinen bevorstehenden Ruhestand blickt Rekowski, der seit zwei Jahren an einer chronischen Form der Leukämie leidet, mit Erleichterung. "Im Präses-Amt wird einem viel abverlangt, es gibt eine große Termindichte und Arbeitsbelastung", sagte er. Er freue sich auf deutlich mehr Zeit mit seiner Frau und seinem Enkelkind. Als "einfaches Gemeindeglied" seiner Wohnsitzgemeinde in Wuppertal wolle er außerdem "in irgendeiner Weise diakonisch handfest anpacken".