Ausstellung im Garnisonkirchturm soll Geschichte kritisch beleuchten

Ausstellung im Garnisonkirchturm soll Geschichte kritisch beleuchten
Erst wurde mit dem Bau des neuen Garnisonkirchturms in Potsdam begonnen, nun steht auch das Konzept für die Ausstellung: Sie soll einen kritischen Blick auf die Geschichte werfen und die Bedeutung der Demokratie vermitteln. Ende 2022 soll sie öffnen.

Potsdam (epd). Im neuen Potsdamer Garnisonkirchturm soll in einer Dauerausstellung die mehr als 200-jährige Geschichte der früheren evangelischen Militärkirche vorgestellt werden. Im Mittelpunkt stehe keine affirmative, sondern eine kritische Geschichtsbetrachtung, sagte der Kuratoriumsvorsitzende der Garnisonkirchenstiftung und Berliner Altbischof Wolfgang Huber bei der Vorstellung des Ausstellungskonzepts am Freitag in Potsdam: "Wir stellen uns den Abgründen der preußisch-deutschen Geschichte, in die auch dieser Ort verstrickt war."

Die Ausstellung mit dem Arbeitstitel "Glaube, Macht und Militär: Die Garnisonkirche Potsdam" soll zeitgleich mit dem Turm voraussichtlich Ende 2022 eröffnet werden, sagte Kuratorin Maria Schultz. Auf rund 250 Quadratmetern solle in der Ausstellung in sieben Themenbereichen unter anderem die Verbindung von protestantischer Kirche und preußischem Staat mit seinem Militärwesen in den Blick genommen werden.

Auch die Bedeutung der historischen Garnisonkirche als Symbolort des nationalistischen und demokratiefeindlichen Lagers der Weimarer Republik gehöre zu den Schwerpunkten, sagte Schultz. Die weiteren Themenbereiche reichten von der NS-Zeit bis hin zu den Kontroversen um den Wiederaufbau.

Geplant werde eine zeitgemäße, moderne, multimediale Gestaltung mit innovativen Präsentationen und großflächigen Fotos, betonte die Kuratorin: "Wir werden viele Medien einsetzen." Ziel der Ausstellung sei, auch für aktuelle Gefährdungen von Demokratie und Menschenrechten zu sensibilisieren und ein Lernort von Geschichte zu werden, sagte Schultz: "Wir zeigen, wie Demokratie ausgehebelt wird." Zugleich solle zum Austausch über die Bedeutung von Religions-, Glaubens- und Meinungsfreiheit angeregt werden.

Die Ausstellung werde "keine Gesamterklärung preußischer Geschichte" bieten, sagte der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats, der Historiker Paul Nolte. Sie könne "nicht das fehlende preußische Geschichtsmuseum ersetzen", jedoch eigene Akzente setzen. Geschichte werde in der Ausstellung kritisch und differenziert präsentiert. Es werde deutlich gemacht, dass Ereignisse wie der "Tag von Potsdam" 1933 zur NS-Inszenierung der Reichstagseröffnung keine "unglücklichen Verirrungen" und "keine bloßen Flecke auf dem schönen Kleid der Barockkirche" gewesen seien.

Derzeit werde von Kosten von mehr als einer Million Euro für die Ausstellung ausgegangen, sagte Schultz. Für die Realisierung seien Mittel der Kulturstaatsministerin und des Bundesverteidigungsministeriums beantragt worden.

Die Konzeption sei ein wichtiger Schritt, sagte Huber, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) war. Kritiker des Projektes hatten der Stiftung bislang vorgeworfen, sich nicht angemessen mit der Geschichte der Garnisonkirche auseinanderzusetzen.

Aus ihren Kreisen wurde am Freitag gefordert, auf den Nachbau der Turmhaube zu verzichten, weil diese "für einen problematischen Nationalprotestantismus" stehe. Dafür sprächen sich knapp 100 internationale Wissenschaftler, Architekten, Künstler, Kirchenvertreter, Kulturschaffende und zivilgesellschaftlich Engagierte aus, erklärte das Netzwerk "Lernort Garnisonkirche".