Corona-Maßnahmen: Große Akzeptanzunterschiede je nach Milieu

Corona-Maßnahmen: Große Akzeptanzunterschiede je nach Milieu
Zwei Drittel der Bürger stehen hinter den Corona-Einschränkungen
Die Corona-Pandemie verschärft offenbar auch die Wertekonflikte der Gesellschaft. Dass die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen je nach Wertemilieu sehr unterschiedlich ausfallen kann, zeigt eine aktuelle Umfrage.

Gütersloh (epd). Die Akzeptanz der coronabedingten Einschränkungen und die Impfbereitschaft ist einer Umfrage zufolge abhängig vom jeweiligen Wertemilieu. So lehnt fast jeder zweite der eher leistungs- und erfolgsorientierten Bürger (45 Prozent) die Freiheitseinschränkungen ab, wie die Bertelsmann Stiftung am Mittwoch in Gütersloh bei der Präsentation einer aktuellen Umfrage erklärte. Eine große Akzeptanz mit 80 Prozent gibt es hingegen unter eher humanistisch geprägten Menschen. Einigkeit herrscht quer durch alle Milieus beim Wunsch nach gesellschaftlicher Veränderung.

Wertemilieus, die eine Beschneidung von Freiheitsrechten kritisch sehen, zeigten sich auch skeptisch in der Frage von Impfungen, erklärte die Stiftung. So wollen sich in der Gruppe der eher Leistungsorientierten, denen Selbstverwirklichung und beruflicher Erfolg wichtig sind, laut Studie 44 Prozent auf keinen Fall impfen lassen. In der humanistisch geprägten Gruppe, für die Werte wie Gerechtigkeit und Toleranz besonders wichtig ist, sprachen sich lediglich 25 Prozent gegen eine Impfung aus.

Die Menschen der leistungsorientierten Grupp haben laut Stiftung den jüngsten Altersdurchschnitt aller Wertemilieus. Sie seien durchaus am Gemeinwohl orientiert, gewichteten aber Werte rund um Leistung, Erfolg und Freiheit sehr hoch, hieß es.

Insgesamt sind laut der Erhebung zwei Drittel der Befragten den Einschränkungen der Corona-Maßnahmen gegenüber grundsätzlich positiv eingestellt. Jeder Dritte (34 Prozent) gab an, sich nicht impfen lassen wollen.

Fast jeder zweite der Befragten insgesamt (45 Prozent) ist der Auswertung zufolge überzeugt, dass die Corona-Krise auch positive Wirkungen haben könnte, etwa mit Blick auf Klimaschutz und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Bei den leistungsorientierten Machern erwarteten sogar 57 Prozent solche Positivaspekte. Mehr als 80 Prozent der Befragten hielten einen gesellschaftlichen Wandel für wichtig, erklärte die Stiftung. Nach Einschätzung der Befragten habe dies die Corona-Pandemie noch sichtbarer gemacht. Dieser Veränderungswunsch ziehe sich durch alle Wertemilieus.

Anhand der Ergebnisse der Umfrage "Zwischen individueller Freiheit und Gemeinwohl" wurden sieben unterschiedliche Wertemilieus erkannt. Die Autoren sprechen von "kreativen Idealisten", "bescheidenen Humanisten", "individualistischen Materialisten", "sicherheitsorientierten Konservativen", "leistungsorientierten Machern" und "unkonventionellen Selbstverwirklichern". Dafür befragte das Norstat Institut im Auftrag der Stiftung in der letzten Novemberwoche in einer repräsentativen Online-Befragung 1.012 Menschen ab 18 Jahren.

"Die Corona-Pandemie verschärft Wertekonflikte, die bereits vorher schwelten", erklärte die Expertin der Stiftung für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Yasemin El-Menouar. Auch wenn solche gegensätzlichen Haltungen den Eindruck gesellschaftlicher Zerrissenheit vermittelten, seien sie zunächst Ausdruck einer vielfältigen Gesellschaft, sagte der Leiter des Programms Lebendige Werte der Bertelsmann Stiftung, Stephan Vopel.