Sozialverband: "Armutspolitisches Trauerspiel" im Koalitionsausschuss

Sozialverband: "Armutspolitisches Trauerspiel" im Koalitionsausschuss
Sozialverbände und Opposition zeigen sich mit den im Koalitionsausschuss beschlossenen Corona-Hilfen für Menschen in Armut unzufrieden. Eine Einmalzahlung von 150 Euro für Bezieher der Grundsicherung sei viel zu wenig, kritisieren sie.

Berlin (epd). Als absolut unzureichend kritisieren Sozialverbände die vom Koalitionsausschuss am Mittwochabend beschlossene Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro für Bezieher von Grundsicherung. Nötig wäre stattdessen ein monatlicher Zuschuss für die Dauer der Corona-Krise, um die Mehrbelastungen auch nur annähernd auszugleichen, erklärten der Sozialverband VdK und der Paritätische Wohlfahrtsverband am Donnerstag in Berlin.

Die Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung reichten nicht einmal aus, um unabhängig von Corona die Grundbedarfe zu decken. Gemeinsam mit über 30 weiteren bundesweiten Verbänden und Gewerkschaften fordern der Paritätische und der VdK eine Anhebung der Regelsätze auf mindestens 600 Euro und für die Dauer der Krise zusätzlich einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro pro Monat.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag): "Sinnvoller wäre ein monatlicher Zuschuss von 100 Euro gewesen, denn die Pandemie und ihre Kosten werden uns alle noch ein paar Monate begleiten." Derzeit beträgt der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen 446 Euro.

Die beschlossene Einmalzahlung von 150 Euro für Kinder sei gut für Familien über der Armutsgrenze, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. "Für Beziehende von Hartz IV und Altersgrundsicherung bleibt es weit hinter dem zurück, was wirklich Not tut. Die Krisenbewältigung der großen Koalition bleibt ein armutspolitisches Trauerspiel", kritisierte er.

Schneider nannte es beschämend, dass die Bundesregierung die Not der Armen in dieser Krise monatelang ignoriert habe und "die Menschen nun mit 150 Euro abspeist". Er wies außerdem darauf hin, dass die angekündigten Gutscheine für zehn FFP2-Masken bisher nicht bei den armen Menschen angekommen seien.

Bentele begrüßte, dass Selbstständigen und Beschäftigten mit kleinen Einkommen in der Corona-Krise der Zugang zur Grundsicherung erleichtert werde. "Schön wäre, wenn sich die Politik durchringen könnte, den Zugang dauerhaft zu erleichtern", fügte sie hinzu. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hob positiv hervor, dass nun die Jobcenter einspringen, wenn ein Laptop oder ein Internetanschluss fürs Home-Schooling fehlen. "Das hilft den Betroffenen ganz sicher weiter", sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.

Die Grünen nannten den Aufschlag für Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung "mickrig". Die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sagte: "Statt eines Trostpflasters brauchen die Erwachsenen und Kinder, die in der Krise von Hartz IV leben müssen, eine Unterstützung, die auch wirklich Sicherheit und Halt gibt." Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch, kritisiert den einmaligen Corona-Zuschuss für Hartz-IV-Empfänger ebenfalls als zu gering.