Bundesländer fordern nationalen Impf-Plan

Bundesländer fordern nationalen Impf-Plan
Nach dem chaotischen Start der Corona-Impfungen suchen Bund und Länder nach Wegen, die Immunisierung besser zu planen und zu beschleunigen. Großes Problem bleibt die Beschaffung vom Impfstoff. Auch damit wird sich ein Impfgipfel am Montag befassen.

Essen, Berlin (epd). Vor dem Impfgipfel an diesem Montag haben Regierungschefs der Länder und Verbände konkrete Planungen für Corona-Impfungen gefordert. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verlangte einen "verlässlichen und realistischen" nationalen Impfplan. Beim Impfen müsse deutlich an Tempo zugelegt werden. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) will auch Garantien von Pharmafirmen: "Wir brauchen am Montag verlässliche Aussagen darüber, wann welcher Hersteller welche Mengen für welche Bevölkerungsgruppen liefern kann."

Die aktuelle Lage bezeichnete Müller als "sehr bedrückend, weil an jedem Tag ohne planbare Impfstrategie Menschenleben riskiert werden". Es gebe "wahrscheinlich wenig Schlimmeres, als Menschen mit einer Einladung zum Impftermin Hoffnung zu machen, nur um sie ihnen dann durch eine Ausladung wieder zu nehmen", sagte Müller, der derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist, der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Montag).

Welt-Ärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery forderte die Bundesländer auf, endlich ein gemeinsames Vorgehen bei den Corona-Impfungen zu finden. Zugleich warnte er vor unrealistischen Erwartungen: "Niemand sollte erwarten, dass die Durchimpfung eines Volkes von 83 Millionen Menschen völlig reibungsfrei und problemlos funktioniert", sagte Montgomery der "Augsburger Allgemeinen" (Montag).

Am Montag wollen die Länderchefinnen und -chefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vertretern von Pharmaindustrie, Verbänden und der EU darüber beraten, wie es angesichts des schleppenden Impfstarts und der Lieferschwierigkeiten einiger Hersteller weitergehen soll.

Grünen-Chef Robert Habeck forderte die Umstellung auf eine "Not-Impfstoffwirtschaft". Alle Pharmakonzerne seien "unverzüglich ihren Fähigkeiten entsprechend in die Produktion einzubeziehen", sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Das sollte für alle Impfstoffe gelten, die erwiesenermaßen erfolgreich seien oder eine schnelle Aussicht auf Erfolg hätten. Dabei dürfe die Regierung auch nicht vor verpflichtenden Lizenzvergaben zurückschrecken.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) lehnt Zwangslizenzen ab, sicherte der Bundesregierung aber Unterstützung bei der Suche nach freien Produktionskapazitäten zu. Die Impfstoffherstellung sei ein enorm komplexer Prozess. Die dafür notwendige Technologie sei nur bei ausgewählten Firmen vorhanden, sagte Verbandsvorsitzender Hans-Georg Feldmeier der "Rheinischen Post" (Samstag).

Die Zulassung des Astrazeneca-Impfstoffs gegen das Coronavirus wird nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht zu einer grundlegenden Änderung der Impf-Reihenfolge führen. Spahn sagte am Samstag in Berlin, "wir werden grundsätzlich festhalten an der Priorisierung". Die Impfverordnung werde aber an die Altersempfehlung für den neuen Impfstoff angepasst. Auch in den beiden höchsten Impfgruppen der Priorität 1 und 2 gebe es zahlreiche 18- bis 64-jährige Menschen, die mit dem Astrazeneca-Impfstoff immunisiert werden könnten. Professionelle Pflegekräfte etwa sind in der ersten Gruppe, pflegende Angehörige in der zweiten.

Die EU-Kommission hatte den Astrazeneca-Impfstoff auf Empfehlung der Europäischen Arzneimittelagentur am Freitag ohne Altersbeschränkung zugelassen. Die Ständige Impfkommission beim Robert Koch-Institut empfiehlt aber, das Vakzin in Deutschland nur an 18- bis 64-Jährige zu verimpfen, weil für die Wirkung bei Älteren noch nicht genügend Daten vorliegen.