Minister Müller: Auch arme Länder brauchen Impfstoff in diesem Jahr

Minister Müller: Auch arme Länder brauchen Impfstoff in diesem Jahr

Osnabrück, Berlin (epd). Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) warnt vor den Folgen des Lockdowns für arme Länder und fordert Europa auf, sich stärker an der globalen Impffinanzierung zu beteiligen. Es fehlten 25 Milliarden Euro, um wenigstens 20 Prozent der Bevölkerung in den Entwicklungsländern zu impfen, sagte Müller der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). "Wir müssen diese globale Dimension im Blick behalten, wenn wir die Pandemie stoppen wollen", forderte Müller. Der Impfstoff müsste auch den Ärmsten zur Verfügung stehen. "Nicht irgendwann, sondern in diesem Jahr."

Derzeit hätten sich die reichsten 14 Prozent der Bevölkerung mehr als 50 Prozent des Impfstoffes gesichert. Europa dürfe nicht den Fehler machen, zu glauben, das Virus nur auf dem eigenen Kontinent besiegen zu können, warnte der Minister: "Wenn wir virusfrei wären, kommt es über Nacht mit dem Flieger oder mit einer Warenpalette zurück."

Müller plädierte dafür, in den Ausbau der weltweiten Produktionskapazitäten investieren. "Länder wie Südafrika haben gute Voraussetzungen, um Impfstoffe für Afrika herstellen zu können." Dazu müsste Deutschland seinen Anteil an der globalen Impffinanzierung in diesem Jahr auf eine Milliarde Euro erhöhen. "Das wäre ein wichtiges Zeichen der internationalen Solidarität." Auch die Europäische Union müsste sich stärker beteiligen. "Die USA haben unter dem neuen Präsidenten Joe Biden vier Milliarden angekündigt. Die Europäische Union muss da jetzt mindestens gleichziehen."

Weltweit habe die Corona-Pandemie eine dramatische Hunger-, Wirtschafts- und Armutskrise ausgelöst. "Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir in Europa das Ausmaß der Konsequenzen nicht sehen", sagte der CSU-Politiker. "Durch den Lockdown sind Versorgungsketten zusammengebrochen - mit dramatischen Folgen in den Entwicklungsländern: Experten schätzen, dass zwei Millionen Menschen an Tuberkulose, Aids und Malaria sterben, weil Medikamente zur Behandlung nicht mehr ankommen."

Derzeit gehe nur jedes zehnte Kind zur Schule. Viele Kinder würden vermutlich nie wieder zur Schule zurückkehren, sagte Müller und ergänzte: "Dazu kommt Hunger, weil Lieferketten ausgefallen sind und Arbeitsplätze wegbrechen. Fast 300 Millionen Menschen haben bereits ihre Arbeit verloren. Ohne Kurzarbeitergeld oder Sozialprogramme stehen sie vor dem Nichts. An diesen Folgen der Pandemie sterben mehr Menschen als am Virus selbst."