Biden kündigt "Mexico City"-Vorschrift zu Abtreibung auf

Biden kündigt "Mexico City"-Vorschrift zu Abtreibung auf
Von den USA finanzierte Entwicklungsorganisationen können ihrer Arbeit wieder ohne ein Verbot von Abtreibungsberatung nachgehen. Menschenrechtsorganisationen fordern weitere Maßnahmen, um den Schaden der Richtlinie zu beheben.

Washington (epd). US-Präsident Joe Biden hat eine Richtlinie gegen Familienplanung durch Hilfsorganisationen aufgehoben. Die als "Mexico City Policy" bekannte und seit Jahren geltende Vorschrift untersagte Organisationen, die Entwicklungshilfegelder von der US-Regierung erhalten, Abtreibungsberatung anzubieten. Biden erklärte am Donnerstag (Ortszeit) in einem Memorandum, "übermäßige Bedingungen" für Entwicklungshilfe hätten Bemühungen der USA behindert, Gleichberechtigung weltweit zu fördern. Die Vorschriften schadeten Programmen gegen Gewalt an Frauen. Sie begrenzten auch die Zusammenarbeit mit Organisationen, die sich gegen Aids, Tuberkulose und Malaria engagieren.

Menschenrechtsorganisationen lobten Bidens Vorstoß. Die Aufhebung der Richtlinie werde Tausenden Mädchen und Frauen das Leben retten, erklärte die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung. Denn die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche sei durch das Verbot nicht zurückgegangen, stattdessen hätten sich noch mehr Frauen und Mädchen dem Risiko einer unsicheren Abtreibung aussetzen müssen.

Human Rights Watch forderte von der neuen US-Regierung weitreichende Maßnahmen, damit Frauen sich wieder ohne Angst beraten lassen und eine Entscheidung treffen könnten. Die vorherige Administration habe mit ihrer Politik die Rechte der Frauen beschränkt. Nun müsse noch mehr getan werden für das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und um den Zugang zu Gesundheitsversorgung für Frauen zu verbessern.

Auch "Ärzte ohne Grenzen" lobte die Aufhebung "dieser gefährlichen Politik" und betonte, nun sei viel Arbeit nötig, um den von der Vorgängerregierung angerichteten Schaden zu beheben. Millionen Frauen hätten aufgrund von Gesetzen, Kosten, Stigmata und fehlenden Fachkräften keinen Zugang zu sicheren Abtreibungen.

Die "Mexico City Policy" wurde 1984 vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan bei der Bevölkerungskonferenz in Mexico City bekanntgemacht. Gesundheitsorganisationen sprachen wegen des Beratungsverbots von einer "Global Gag Rule" (globalen Knebelvorschrift). Seither haben die republikanischen Regierungen das Verbot immer wieder in Kraft gesetzt und teilweise verschärft. Demokratische Administrationen haben die Richtlinie hingegen immer wieder weitgehend abgeschafft. Unter Ex-Präsident Donald Trump waren die Einschränkungen so weitreichend wie nie.

Biden dürfe Steuerzahler nicht zwingen, für Abtreibungen zu zahlen, protestierte die Präsidentin des Anti-Abtreibungsverbandes "March for Life", Jeanne Mancini. In den USA ist Abtreibung seit einem Urteil des Obersten US-Gerichts von 1973 legal.

Der Katholik Biden, der seit dem 20. Januar im Amt ist, hat seine Haltung zum Schwangerschaftsabbruch geändert. Laut Wochenmagazin "Time" sagte Biden 1981, er befürworte einen Verfassungszusatz, der es Bundesstaaten ermögliche, das Gerichtsurteil von 1973 aufzuheben. 2007 schrieb er hingegen in seiner Autobiografie, er lehne Abtreibung ab, wolle seine Ansichten anderen aber nicht aufzwingen. Vergangene Woche erklärte Biden am 48. Jahrestag des Abtreibungsurteils, er werde Richter ernennen, die Präzedenzfälle wie den von 1973 respektieren.

epd ege/nam fu