Ärztevertreter fordern Verlängerung des Lockdowns

Ärztevertreter fordern Verlängerung des Lockdowns
Die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems ist noch nicht abgewendet, warnen Ärztevertreter und fordern eine Verlängerung des Lockdowns. Unterdessen werden Rufe nach Schulöffnungen lauter.

Berlin (epd). Mit Blick auf die anstehenden Bund-Länder-Beratungen dringen Ärztevertreter auf eine Verlängerung des Lockdowns. Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag), die Belastung durch die Versorgung der Patienten mit Covid-19 sei auch an den Feiertagen weiter angestiegen. "Das Gesundheitssystem braucht dringend eine Entlastung, die nur durch eine Verlängerung der Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung zu erreichen ist. Anders werden wir die Lage nicht in den Griff bekommen", so Johna. Sie wünsche sich "von dem Treffen der Ministerpräsidenten in der nächsten Woche eine möglichst einheitliche Verlängerung der Kontaktbeschränkungen".

Ähnlich äußerte sich der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. "Das Wichtigste ist, dass man den Menschen klarmacht, dass wir jetzt noch vor zwei, drei, vier Monaten stehen, die Anstrengungen von allen erfordern", sagte Reinhardt der "Bild"-Zeitung (Samstag). Schließlich stünden die Krankenhäuser derzeit am Rand der Überlastung. Durch die Impfstoffe gebe es Hoffnung auf ein Ende der Pandemie in diesem Jahr. "Mitte des Jahres" könnte Deutschland "deutlich besser" dastehen, so Reinhardt.

Auch der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, geht erst für Mitte des neuen Jahres von einer Entspannung aus. "Ich rechne damit, dass wir erst im Sommer von einer nachhaltigen Entspannung auf den Intensivstationen sprechen können", sagte Janssens der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstag). Er forderte Bund und Länder ebenfalls dazu auf, bei der Ministerpräsidentenkonferenz eine Verlängerung des Lockdowns zu beschließen. "Wir Intensivmediziner raten dringend dazu, bis zu einem Inzidenzwert von unter 25 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und Woche keine Lockerungen in Aussicht zu stellen", sagte er.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält unterdessen eine Öffnung von Kitas und Grundschulen ab Mitte Januar für denkbar. "Ich kann mir vorstellen, dass es epidemiologisch vertretbar wäre, Kitas und Grundschulen in der zweiten Januarhälfte zu öffnen", sagte Lauterbach der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstag). Voraussetzung dafür wäre, dass alle anderen Klassenstufen geteilt werden und wechselnd Präsenz- und Digitalunterricht erhalten oder der Präsenzunterricht ganz ausgesetzt wird.

Der Deutsche Lehrerverband und die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin riefen dazu auf, längere Schulschließungen zu vermeiden und Schulen zugleich besser zu schützen. Die Politik solle alles dafür tun, "damit Unterricht im neuen Jahr wieder unter verantwortbaren Bedingungen stattfinden kann, obwohl die SARS-CoV-2 Pandemie zunächst fortbestehen wird", heißt es in einer in Berlin veröffentlichten, gemeinsamen Erklärung. Präsenzunterricht sei sowohl zur Erfüllung des Bildungsauftrages als auch unter psychosozialen Gesichtspunkten das Beste für Kinder und Jugendliche.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sprach sich im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks hingegen dafür aus, die Schulferien zu verlängern. Ein Präsenzunterricht werde erst wieder möglich sein, wenn das Infektionsgeschehen eingedämmt sei. Lehrpläne und Curricula müssten gegebenenfalls geändert werden. Auch Kindertagesstätten sollten sich an den Schulen orientieren, sagte Dedy. Wenn der Grundgedanke laute, Kontakte zu beschränken, dann spreche vieles dafür, auch bei den Kitas einen Lockdown einzuführen. Er rechne damit, dass der Januar noch in einem Lockdown durchgehalten werde müsse.

Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) erwartet ebenfalls eine Verlängerung des Lockdowns. Die Zahlen für die Krankenhäuser sprächen eine deutliche Sprache, sagte sie im Deutschlandfunk. Im Lichte der aktuellen Zahlen müsse man gegebenenfalls auch andere Maßnahmen wählen. Sie schloss Ausgangsbeschränkungen nicht aus, diese wolle man aber vermeiden und setze auf die Einsicht der Bürger.

Am Montag trifft sich die Kultusministerkonferenz, am Dienstag die Ministerpräsidentenkonferenz, um über das weitere Vorgehen nach dem zunächst bis zum 10. Januar verhängten Lockdown zu beraten. Die derzeitigen zum 16. Dezember in Kraft getretenen Kontaktbeschränkungen gelten noch bis zum 10. Januar. Ziel der bundesweiten Einschränkungen ist es, die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner auf maximal 50 innerhalb einer Woche zu senken.

epd tz