Lübcke-Prozess: Anklage hält an alleiniger Täterschaft von E. fest

Lübcke-Prozess: Anklage hält an alleiniger Täterschaft von E. fest

Frankfurt a.M. (epd). Im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist die Bundesanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer am Dienstag bei ihren Anklagepunkten geblieben: Stephan E. (47) soll den früheren Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019 allein ermordet und den Asylbewerber Ahmed I. im Januar 2016 mit einem Messer schwer verletzt haben. Beide Taten seien "rechtsextremistische Anschläge gewesen", sagte Bundesanwalt Dieter Killmer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Mit der genauen Strafforderung des Anklägers wurde erst am Ende des mehrstündigen Plädoyers am späteren Nachmittag gerechnet.

Der ebenfalls Angeklagte Markus H. (44) habe zur Ermordung Lübckes vorsätzliche Hilfe geleistet, sagte Killmer am 40. Verhandlungstag weiter. E. habe die Tat zwar allein ausgeführt: "Aber in seinem Hass war er nicht alleine."

Damit geht der Bundesanwalt weiterhin davon aus, dass H. bei der Tat gegen Lübcke nicht dabei war. E. hatte während der Ermittlungen, in drei Vernehmungen bei der Polizei und auch während der 39 Verhandlungstage vor Gericht seine Aussage und damit auch die Schilderung der Vorgänge auf der Terrasse immer wieder geändert und sich in Widersprüche verstrickt.

E.s letzte Version war gewesen, dass er selbst geschossen habe, H. aber dabei gewesen sei. Das wiederholte E. auch kürzlich wieder, als er in Richtung der Familie Lübcke sagte, dass der Ermordete zuletzt H. ins Gesicht geschaut habe. H. hat dazu bisher geschwiegen.

Killmer hält weiterhin die erste Version, wonach E. in der Tatnacht allein war, für "mehrheitlich glaubhaft". Sie sei lebhaft und mit zahlreichen Details und Täterwissen angereichert. Später habe sich E. hingegen in seinem Aussageverhalten taktierend verhalten und auch, entgegen seiner Ankündigung, die Fragen der Familie Lübcke nicht beantwortet. "Offenheit und Aufklärung sehen anders aus", sagte Killmer am Dienstag.

Zu Beginn seines Plädoyers hatte Killmer die Ermordung des Politikers Lübcke in politische, gesellschaftliche und persönliche Zusammenhänge eingeordnet. Es sei in Deutschland seit 1945 der erste Mord an einem Politiker aus rechtsextremistischen Motiven gewesen, sagte Killmer. Lübcke sei aus Sicht des Täters für seine den Flüchtlingen zugewandte Politik bestraft worden. Im Zentrum des Hasses hat nach Ansicht der Anklage eines Äußerung des Politikers auf einer Bürgerversammlung zu einem Flüchtlingsheim im Jahr 2015 gestanden, die jahrelang über das Internet verbreitet wurde. Wegen dieses einen aus dem Zusammenhang gerissenen Satzes habe Lübcke sterben müssen, sagte Killmer.

Der Prozess hatte Mitte Juni begonnen. Ab dem 12. Januar 2021 sollen Nebenklage und Verteidigung ihre Plädoyers halten, das Urteil ist für Ende Januar geplant.