Tierschutz hat Vorrang vor rituellem Schlachten ohne Betäubung

Tierschutz hat Vorrang vor rituellem Schlachten ohne Betäubung

Luxemburg (epd). EU-Staaten dürfen laut Gericht das rituelle Schlachten von Tieren ohne Betäubung verbieten. Es verstoße nicht gegen EU-Recht, wenn nationale Vorschriften mit Blick auf den Tierschutz eine Betäubung vor dem Schlachten vorsehen und die Religionsfreiheit von jüdischen oder muslimischen Menschen damit eingeschränkt wird, urteilte am Donnerstag die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Luxemburg. (AZ: C-336/19)

Im Streitfall hatten mehrere jüdische und muslimische Vereinigungen gegen ein Dekret der Flämischen Region in Belgien geklagt, das die Schlachtung von Tieren ohne vorherige Betäubung verbietet. Damit werde Gläubigen die Möglichkeit genommen, zum Verzehr vorgesehene Tiere nach ihren religiösen Geboten zu schlachten.

So dürfen etwa Muslime nur Fleisch essen, welches als "halal" - als "erlaubt" - bezeichnet wird. Hierfür müssen die Tiere rituell geschlachtet werden, die sogenannte Schächtung. Dabei wird das Tier ohne Betäubung mit einem Schnitt in den Hals getötet.

Der EuGH urteilte, dass nach der maßgeblichen EU-Verordnung rituelle Schlachtungen ohne Betäubung im Zuge der Religionsfreiheit ausnahmsweise erlaubt werden könnten. Grundsätzlich müsse aber der Tierschutz eingehalten werden. Dass ein EU-Mitgliedstaat nach seinen nationalen Vorschriften für das Schlachten von Tieren verpflichtend eine Betäubung vorschreibe, sei nicht zu beanstanden.

Eine vorherige Betäubung sei das "beste Mittel, um das Leiden des Tieres zum Zeitpunkt der Tötung zu verringern". Fleisch von rituell geschlachteten Tieren könnten Gläubige auch aus anderen Ländern einführen, erklärte der EuGH. Der Umstand, dass nach dem flämischen Dekret keine Betäubung im Bereich der Jagd, der Fischerei oder bei kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen vorgesehen sei, sei nicht mit der vorgeschriebenen Betäubung beim Schlachten vergleichbar. Es lägen hier ganz andere Umstände vor als bei der Tötung von Nutztieren.

Am 29. Mai 2018 hatte der EuGH geurteilt, dass es keinen unzulässigen Eingriff in die Religionsfreiheit darstelle, wenn EU-Staaten das Schächten nur in hierfür speziell zugelassenen Schlachthöfen erlauben. (AZ: C-426/16) Das aus solchen Schlachtungen erzeugte und für Muslime zum Verzehr erlaubte sogenannte Halal-Fleisch erfülle auch nicht "höchste Tierschutzstandards", erklärten die Richter in einem weiteren Urteil vom 26. Februar 2019. (AZ: C-497/17) Das Fleisch dürfe daher auch nicht das europäische Bio-Logo tragen.