Verfassungsschutz: Corona-Gegner radikalisieren sich

Verfassungsschutz: Corona-Gegner radikalisieren sich

Mainz (epd). Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz sieht Anzeichen für eine immer stärkere Radikalisierung bei den Gegnern der Anti-Corona-Maßnahmen, aber noch keine strukturelle Unterwanderung der Proteste durch Rechtsextremisten. Innenminister Roger Lewentz (SPD) sprach am Mittwoch in Mainz von der Gefahr, dass bei den Protesten gegen den Infektionsschutz ein "Extremismus neuer Art" entstehen könnte. Einige Teilnehmer der Proteste hätten sich innerhalb kurzer Zeit stark radikalisiert. Auch die jüngsten Störaktionen im Bundestag durch Gäste der AfD-Fraktion seien ein "gezielter Angriff auf die parlamentarische Demokratie".

Lewentz kündigte an, eine Beobachtung der gesamten Partei durch den Verfassungsschutz werde "mit Priorität" geprüft. Dass Abgeordnete im Berliner Reichstag von Aktivisten bedrängt wurden, erinnere ihn an den "selben Ungeist, der schon einmal den Weg in den Abgrund geebnet hat", sagte der Minister. Forderungen nach einem AfD-Verbotsverfahren erteilte er jedoch eine Absage: "Ich glaube an die Kraft der Demokratie und bin fest überzeugt davon, dass diese Partei politisch niedergerungen werden muss."

Bereits im Frühjahr hatten Innenministerium und Verfassungsschutz davor gewarnt, Anti-Corona-Proteste könnten von extremistischen Kräften unterwandert werden. Bei den bisher im Land organisierten Protestveranstaltungen seien die Teilnehmer von den Behörden überwiegend dem bürgerlichen oder "bürgerlich-rechten" Lager zugerechnet worden, erklärte Jürgen Schmitt, der Inspekteur der Polizei Rheinland-Pfalz.

Die "Querdenker"-Bewegung und ihre regionalen Aktivitäten werden vom Verfassungsschutz in Rheinland-Pfalz offiziell nicht als Beobachtungsobjekt eingestuft und somit noch nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht. Insgesamt gebe es auch keine einheitliche Protestbewegung, sondern viele Gruppen, die nur teilweise in Kontakt zueinander stünden, sagte Verfassungsschutz-Chef Elmar May. Die derzeit größte Gefahr bestehe darin, dass sich die Verantwortlichen für Proteste nicht deutlich von Rechtsextremen und Reichsbürgern abgrenzen.