Präses Kurschus: Wir dürfen trotz Corona nicht allein bleiben

Einsamkeit in Zeiten von Corona
© Jonas Güttler/dpa
Eine Besucherin unterhält sich in einem Besuchsraum mit ihrer Angehörigen. Dabei werden sie von einer Scheibe getrennt.
Präses Kurschus: Wir dürfen trotz Corona nicht allein bleiben
19.11.2020
epd
epd-Gespräch: Ingo Lehnick

Bielefeld (epd). Bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie muss nach Ansicht der westfälischen Präses Annette Kurschus sehr genau auf die Verhältnismäßigkeit der Auflagen geachtet werden. Der Blick auf das Infektionsgeschehen lehre, dass Kontaktbeschränkungen offenbar ein entscheidendes Mittel zur Eindämmung der Pandemie seien, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Für unser soziales Miteinander sind diese Maßnahmen aber verheerend."

So werde Einsamkeit ein immer größeres Thema, sagte die stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Das betreffe alle Generationen, auch junge Leute: "Für Schülerinnen und Schüler ist es eine Qual und ein heftiger Einschnitt in ihr persönliches Leben, dass sie sich nicht mehr mit Freunden treffen können", sagte Kurschus. "Wir dürfen nicht allein bleiben und auch Menschen nicht allein lassen." Deshalb müsse immer neu darüber nachgedacht werden, welche Wege es gebe, um miteinander in Kontakt zu treten, "auch wenn es mit Maske und auf Abstand sein muss".

Die 57-jährige Theologin kann nachvollziehen, wenn Menschen überfordert sind und die Maßnahmen nicht mehr ertragen können: "Manche sind am Rande ihrer Nervenkraft, fühlen sich eingesperrt und halten nicht mehr aus, dass sie nicht tun dürfen, was sie gerne wollen und wonach sie sich sehnen." Sie könne aber Demonstrationen nicht nachvollziehen, bei denen die Gefährlichkeit des Virus geleugnet werde und die Maßnahmen gegen die Ausbreitung als überzogene Reaktion eines autoritären Staates dargestellt würden: "Eine solche Haltung ist gefährlich."

Auf keinen Fall dürften sterbende Menschen allein gelassen werden, betonte Kurschus: "Ich halte es für unverantwortlich, Menschen in elender Einsamkeit ihren letzten Weg gehen zu lassen. Wir müssen alles tun, damit das nicht geschieht." Es müsse "wenigstens möglich sein, die Hand eines Menschen zu halten, auch wenn es mit einem Schutzanzug sein muss".