Berlin (epd). Deutschland muss nach Angaben von Experten zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2050 deutlich mehr in Solarenergie und Windkraft investieren. Das geht aus einer Studie hervor, die die Denkfabriken Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und die Stiftung Klimaneutralität am Donnerstag in Berlin vorgestellt haben. Demnach muss das deutsche Klimaziel für 2030 angehoben werden - und zwar um zehn Prozentpunkte auf minus 65 Prozent Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990. Die Energiewende sei dabei vorzuziehen: Der Kohleausstieg müsse anstelle von 2038 schon 2030 erfolgen und der Ausbau von Wind- und Solarstromanlagen gegenüber heute verdreifacht werden.
Die Experten weisen darauf hin, dass das im aktuellen Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorgesehene Ziel eines Anteils von 65 Prozent Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch im Jahr 2030 nicht ausreicht. Dieser Anteil müsse auf 70 Prozent erhöht werden. Darüber hinaus müssten die Bereiche Verkehr, Wärme und Industrie elektrifiziert werden, Gebäude energetisch saniert und der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur angestoßen werden. Nötig wäre nach Worten des Direktors von Agora Energiewende, Patrick Graichen, ein Investitions- und Zukunftsprogramm, "vergleichbar mit dem Wirtschaftswunder in den 1950er/60er-Jahren". Der Direktor der Stiftung Klimaneutralität, Rainer Baake, fügte hinzu, das Regierungsprogramm nach der Bundestagswahl 2021 werde diesbezüglich "von zentraler Bedeutung" sein.
Im Verkehrsbereich muss laut Studie zudem eine Verlagerung erfolgen vom Pkw zunehmend auf Bus, Bahn, Fuß und Fahrrad. Für die Industrie sei auch der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur entscheidend. So solle bis 2050 Wasserstoff nach und nach Erdgas als Rohstoff ersetzen - und müsse zum Großteil importiert werden. Baake bezeichnete diese Technologie aber als teuren "Champagner der Energiewende". Die Kraftwerke sollten daher lediglich als Reserve dienen, die einspringen könnten, "wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint".
