Seehofer kündigt Studie zum Polizeialltag an

Seehofer kündigt Studie zum Polizeialltag an
In der großen Koalition gibt es offenbar einen Kompromiss im Streit um eine Studie über Rassismus in der Polizei. Der soll untersucht werden, aber nicht extra, sondern als Teil einer Studie zum Polizeialltag. Details zur Methodik sind noch offen.

Berlin (epd). Nach wochenlangem Streit über eine wissenschaftliche Untersuchung der Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in der Polizei gibt es offenbar einen Kompromiss in der Koalition. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte am Dienstag in Berlin an, dass eine von ihm ohnehin in Aussicht gestellte Studie über den Polizeialltag sich sicher auch damit beschäftigen werde, wie man in Zukunft die Null-Toleranz-Linie gegenüber Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus in der Polizei sicherstelle. Es wird demnach aber keine Untersuchung nur zu Rassismus in der Polizei geben.

Seehofer sagte, er wolle keine Studie, die sich "mit Unterstellungen und Vorwürfen gegen die Polizei" richte. Nach seinen Worten soll sich die Untersuchung damit befassen, mit welcher Motivation Menschen zur Polizei gehen und was ihren Alltag prägt. Auch Gewalt gegen die Polizei soll eine Rolle spielen.

Die SPD betonte den Ansatz der Studie genau andersherum: "In der Studie zum Polizeialltag sollen neben Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in der Polizei auch Gewalt und Hass gegen Polizisten untersucht werden", sagte der Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Dirk Wiese. Er sprach davon, dass Seehofer seine Blockadehaltung aufgegeben habe. Seehofer sagte indes, seine Haltung habe sich im Grundsatz nicht verändert.

Bereits am Montag hatte Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) im WDR-Cosmo-Podcast "Machiavelli", der am Mittwoch veröffentlicht werden soll, gesagt, es werde eine Studie geben. Allerdings werde noch überlegt, "wie wir sie nennen". Seehofer hatte bei der Vorstellung eines Berichts des Verfassungsschutzes über Rechtsextremismusfälle in den Sicherheitsbehörden angekündigt, es solle auch eine allgemeine Studie über Rassismus in der Gesellschaft geben. Genaueres soll im Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus besprochen werden. Wann der tagt, ist derzeit offen.

Über das Studiendesign der Polizeiuntersuchung sowie darüber, wer dafür verantwortlich sein soll, gab es zunächst keine Informationen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte das Vorhaben. Mit einer allgemeinen Rassismusstudie und einer Untersuchung über den polizeilichen Alltag bestehe die Möglichkeit, den polizeilichen Alltag vor dem Hintergrund der aufgedeckten Fälle zu analysieren, sagte der stellvertretende Vorsitzende Jörg Radek. So könne geklärt werden, welche Ursachen es für extremistisches Handeln und Denken gebe.

Seit der Aufdeckung von Polizei-Chatgruppen, in denen rechtsextreme Inhalte geteilt wurden, wird über das Ausmaß extremistischer Positionen in den Reihen der Polizei diskutiert. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte sich für eine Studie stark gemacht, auch mit der Begründung, dass die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz dies empfohlen hatte. Teil der Untersuchung sollte demnach das sogenannte Racial Profiling sein, eine Praxis, bei der Menschen vor allem wegen ihres Aussehens Kontrollen unterzogen werden. Seehofer hatte solch eine Studie abgelehnt.

epd mey/co fu