Philosophin Schmitz fordert mehr Konsequenz beim Tierschutz

Philosophin Schmitz fordert mehr Konsequenz beim Tierschutz
19.09.2020
epd
epd-Gespräch: Stephan Cezanne

Berlin/Frankfurt a.M. (epd). Die Berliner Tierrechts-Aktivistin und Philosophin Friederike Schmitz hat zu mehr Konsequenz beim Tierschutz aufgerufen. Zwar steige bei vielen Menschen die Sensibilität für die schlimme Lage vor allem der Nutztiere, sagte die Autorin dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Aber das spiegelt sich eben nicht in einer veränderten Praxis wider." Auch in den beiden großen Kirchen gebe es interessante Ansätze, die das Leid der Tiere etwa in der Massentierhaltung oder bei Tierversuchen zumindest wahrnehmen. Aber es fehlten konkrete Schritte, um dagegen vorzugehen. Schmitz: "Sie meinen es offenbar nicht ernst."

Die Kirchen stellten weiterhin den Menschen in den Mittelpunkt und setzten die anderen Geschöpfe herab, so Schmitz. Damit werde eine Herrschaft über die Tiere legitimiert, die längst nicht mehr zeitgemäß sei. Dabei gebe es in den Kirchen und religiösen Gemeinschaften durchaus Potenzial und Einfluss, um auf das Leid der Tiere aufmerksam zu machen.

"Die Kirchen handeln nicht anders als die Gesellschaft insgesamt", fügte Schmitz hinzu: "Man hört nur schöne Worte, und Statements zum Thema Tiere als Mitgeschöpfe, aber die Umsetzung fehlt". Würden die Kirchen ihre eigenen Stellungnahmen ernst nehmen, müsste das dazu führen, dass "sie die Nutztierhaltung in der gegenwärtigen Form ablehnen." Papst Franziskus hatte 2015 mit seiner Umwelt-Enzyklika "Laudato si" den Eigenwert der Tiere ausdrücklich hervorgehoben. Aber wenn man den Tieren einen Eigenwert zubilligt, dürfe man auch ihre wirtschaftliche Ausbeutung nicht dulden.

Durch den traditionell engen Kontakt zur Land- und Agrarwirtschaft seien die Kirchen beim Thema Tierschutz zudem nicht unabhängig, sagte Schmitz weiter. Dagegen könnten sie praktisch einiges bewirken, etwa mit veganer und ökologischer Verpflegung auf Kirchentagen oder in Kantinen kirchlicher Einrichtungen. Natürlich erscheine eine Verhaltensänderung erstmal unbequem. Das würde bedeuten, dass man seine eigenen Gewohnheiten verändern müsste, ähnlich wie im Klimaschutz. Schmitz "Vegane Angebote können ebenso abwechslungsreich und lecker sein - und wenn man es mit dem Tierschutz ernst meint, gibt es keine Alternative, denn für jedes Schnitzel und jedes Ei haben Tiere gelitten."

Zur Politik sagte Schmitz, zwar gebe es immer wieder kleinste Gesetzesänderungen, aber an den Grundprinzipien ändere sich nichts. So hatte der Bundesrat diesen Sommer die Haltungszeiten von Sauen in engen sogenannten Kastenständen verkürzt. Schmitz: "Tatsächlich wurde aber damit eine grausame Praxis, die eigentlich seit Jahren illegal ist, für eine lange Übergangszeit legalisiert".

In den Medien werde zwar immer wieder eindringlich über Missstände etwa in Hühnerfarmen berichtet. Das werde dann aber immer als Einzelfall hingestellt. In der normalen Nutztierhaltung, auch im Biobereich, würden den Tieren schwere Leiden zugefügt, und es werde verhindert, dass sie ihre grundlegenden Bedürfnisse ausleben können.