Kabul fordert Waffenruhe zum Start der Friedensverhandlungen

Kabul fordert Waffenruhe zum Start der Friedensverhandlungen
Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban sollen den 19-jährigen Konflikt am Hindukusch beenden. Die Erwartungen an das Treffen in Katar sind hoch. Doch die Anschläge der Taliban hören nicht auf.

Dubai, Kabul (epd). Zum Auftakt der Friedensverhandlungen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung im Wüstenemirat Katar hat die Führung in Kabul eine Waffenruhe gefordert. "Es gibt keine Gewinner im Krieg", sagte der Vorsitzende der afghanischen Friedensrates, Abdullah Abdullah laut einem Bericht des TV-Senders Tolo News. Am Samstag gab es laut dem afghanischen Verteidigungsministerium Anschläge in 18 Provinzen Afghanistans. In der Kapisa-Provinz töteten die Taliban fünf Polizisten, in Kundus starben drei Beamte bei einem Angriff auf einen Checkpoint und in der Hauptstadt Kabul wurden am Sonntag bei zwei Bombenexplosionen zwei Menschen verwundet.

Fast genau 19 Jahre nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 sollen die Friedensverhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den aufständischen Taliban den blutigen Konflikt am Hindukusch beilegen. Das Treffen startet nach monatelangen Verzögerungen wegen eines erbitterten Streits über die Freilassung von Gefangenen. Die USA machen kurz vor den Präsidentschaftswahlen im November massiven Druck auf beide Seiten, einen historischen Friedensschluss zu erreichen, der für US-Präsident Donald Trump ein großer außenpolitischer Erfolg wäre.

Die Taliban hatten kurz vor Beginn der Verhandlungen ihren Chef-Verhandler ausgetauscht. Diese Rolle übernimmt nun Maulawi Abdul Hakim, der Oberste Richter der Taliban. Er soll nun die 21-köpfige Delegation in Doha leiten. Hakim, der keine militärische Führerfigur ist, ersetzt den Hardliner und bisherigen Verhandlungsführer Abbas Stanekzai. Das 21-köpfige Verhandlungsteam der afghanischen Regierung wird von Masum Stanekzai, einem ehemaligen Chef des afghanischen Nachrichtendienstes, geleitet. Auch vier Frauen gehören zum Team, darunter die Parlamentarierin Fausia Kofi, auf die vor kurzem ein Attentat verübt worden war.

Es werden schwierige Beratungen erwartet. Die Taliban haben sich stets geweigert, die afghanische Regierung anzuerkennen. Es ist das erste Mal, dass sich nun beide Seiten an einem Tisch gegenüber sitzen. Konkrete Gespräche starten am Montag. Der stellvertretende Taliban-Chef Mullah Abdul Ghani Baradar versicherte in seiner Rede in Doha, dass die Aufständischen "ehrlich" verhandeln wollten. Afghanistan solle ein islamisches Regierungssystem haben, in dem sich alle Afghanen vertreten fühlten und in dem sie brüderlich zusammenleben könnten.

Am Mittwoch war ein Anschlag auf Afghanistans Vizepräsident Amrullah Saleh verübt worden, bei dem mindestens zehn Menschen ums Leben kamen. Saleh, ein entschiedener Gegner der Taliban, erlitt dabei leichte Verletzungen. Das Attentat wurde allgemein als Versuch gesehen, die Doha-Verhandlungen zu torpedieren. Saleh war Mitglied der sogenannten Nord-Allianz, die in den 90er Jahren gegen die Taliban kämpfte.

Nach dem 11. September 2001 hatten die USA das Taliban-Regime in Kabul gestürzt, weil dieses enge Beziehungen zu Al-Kaida-Führer Osama bin Laden hatte. Seither hat der Konflikt Tausende Menschenleben gekostet. Ende Februar hatten die USA und die aufständischen Taliban ein historischen Friedensabkommen geschlossen, das den Abzug der USA aus Afghanistan vorsieht. Die USA haben angekündigt, dass sie bis Ende November die Zahl ihrer Soldaten in Afghanistan auf weniger als 5.000 reduzieren wollen.