Opfer fordern Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in Orden

Opfer fordern Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in Orden

Bonn (epd). In der Affäre um mutmaßlichen sexuellen Missbrauch in katholischen Ordensgemeinschaften hat sich der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln "entsetzt" über die bekanntgewordenen Vorfälle geäußert. Man habe "viele wütende und erregte Rückmeldungen von Betroffenen erhalten", erklärte der Beirat am Freitag in Köln. Zudem sei man über die Art und Weise der Veröffentlichung enttäuscht, hieß es weiter. Sie sei "ein Schlag ins Gesicht all der Betroffenen, die sich seit einem Jahrzehnt für eine konsequente Aufarbeitung der Geschehnisse in den Internaten, Schulen und Heimen deutscher Orden einsetzen".

Eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage unter den Mitgliedern der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK) hatte ergeben, dass sich bis 2019 insgesamt 1.412 Betroffene bei den Ordensgemeinschaften gemeldet hatten, weil sie als Kinder oder Jugendliche Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sein sollen. Die Vorfälle reichen teilweise bis in die 1950er Jahre zurück. 654 Ordensmitglieder seien beschuldigt worden. Knapp 80 Prozent aller Beschuldigten sind bereits tot.

Zu den Umfrageergebnissen habe der Betroffenenbeirat des Erzbistums noch Klärungsbedarf. So möchte das Gremium zum Beispiel wissen, wieso die DOK nicht früher über die Vorkommnisse informiert war. Zudem sei zu klären, warum bislang keine wissenschaftliche Untersuchung der Vorfälle eingeleitet wurde.

Der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln fordert nun unter anderem, dass alle Akten unverzüglich den Staatsanwälten übergeben und die Missbrauchsfälle von unabhängigen Personen untersucht werden. Die katholischen Bischöfe müssten überdies den Druck zur Zusammenarbeit auf die Orden erhöhen. Außerdem müssten die Namen "all derer genannt werden, die sexualisierte Gewalt vertuscht und verdeckt haben". Die Opfer von sexualisierter Gewalt von Ordensmitgliedern müssten die gleichen Entschädigungen oder Anerkennungszahlungen erhalten wie die Betroffenen sexualisierter Gewalt von Bistumsmitarbeitern. Nötig sei deshalb ein gemeinsamer Fonds aller katholischen Einrichtungen in Deutschland.