Steuerersparnis für Behinderte und pflegende Angehörige

Steuerersparnis für Behinderte und pflegende Angehörige
Menschen mit Behinderung und pflegende Angehörige werden vom Fiskus entlastet. Sozialverbände halten das für überfällig und wünschen sich für die Zukunft eine Koppelung der Freibeträge an die Inflationsrate.

Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat Steuererleichterungen für Menschen mit Behinderung und für pflegende Angehörige beschlossen. Sozialverbände begrüßten den Schritt fast einhellig als längst überfällig, warben aber auch für Änderungen. "Die Verbesserungen bedeuten mehr gesellschaftliche Teilhabe und mehr Unterstützung für Steuerpflichtige mit Behinderungen. Für mich ist das ein wichtiges Signal des Respekts", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach dem Kabinettsbeschluss am Mittwoch in Berlin. Zugleich werde der Pflegepauschbetrag angehoben.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, wer sich entschieden habe, einen nahestehenden Menschen zu Hause zu pflegen, "verdient Dank und Anerkennung - und vor allem unsere Unterstützung". Deshalb würden pflegende Angehörige ab dem nächsten Jahr noch stärker steuerlich entlastet.

Anspruch auf einen Pflegepauschbetrag hat, wer eine pflegebedürftige Person in deren oder in seiner eigenen Wohnung betreut und pflegt. Voraussetzung ist, dass der Pflegebedürftige "hilflos" ist. Behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung auf mindestens 50 festgestellt ist, und unter bestimmte Umständen auch Personen mit geringeren Einschränkungen, können bei der Steuer den Behinderten-Pauschbetrag geltend machen.

Vorgesehen ist unter anderem, die Behinderten-Pauschbeträge zu verdoppeln, die sich auch weiter nach dem Grad der Behinderung richten. Die Antragsvoraussetzungen sollen erleichtert werden. Zudem wird eine Pauschale für Fahrtkosten eingeführt, die die Einzelnachweise ersetzt. Schließlich werden die Antragsvoraussetzungen für einen Grad der Behinderung unter 50 abgesenkt.

Änderungen gibt es auch im Bereich der pflegenden Angehörigen, deren Pauschbetrag angepasst wird. Darüber hinaus werden mit den Verbesserungen beim Pflege-Pauschbetrag die vielfältigen Belastungen, die die häusliche Pflege mit sich bringt, steuerlich anerkannt. Der derzeitige Betrag wird auf 1.800 Euro pro Kalenderjahr angehoben und damit nahezu verdoppelt. Zudem wird zukünftig bei einem Pflegegrad 2 ein Pauschbetrag von 600 Euro und beim Pflegegrad 3 von 1.100 Euro gewährt.

Der Behindertenbeauftragte Jürgen Dusel begrüßte die Beschlüsse als lange überfällig: "Die Beträge sind seit 45 Jahren nicht mehr angepasst worden." Nach seinen Angaben steigt der Pauschbetrag bei einem Grad der Behinderung von 100 zum Beispiel auf 2.840 Euro (bisher 1.420 Euro) Und für blinde sowie für "hilflose" Menschen erhöht sich der Betrag auf 7.400 Euro.

Auch der Sozialverband VdK äußerte sich zufrieden. Präsidentin Verena Bentele sagte, der alte Behindertenpauschbetrag sei seiner Entlastungsfunktion nicht mehr gerecht geworden. "Wäre er seit 1975 jedes Jahr an die Inflationsrate angepasst worden, wären die Pauschbeträge je nach Grad der Behinderung im Jahr 2019 mehr als doppelt so hoch gewesen", argumentierte Bentele. Der Gesetzgeber habe jetzt die Chance, den Pauschbetrag zu dynamisieren und künftig automatisch an die Höhe der Inflationsrate anzupassen. "Außerdem muss die Möglichkeit beibehalten werden, Einzelnachweise für höhere Kosten als die Pauschale anzuerkennen", forderte Bentele.

Ähnlich äußerte sich auch der Deutsche Behindertenrat. Er forderte vom Bundeskabinett und den Bundesländern, dass noch eine Regelung zur jährlichen Dynamisierung der Behinderten-Pauschbeträge in das Gesetz aufgenommen wird. Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) warb für die automatische Steigerung der Pauschalen.

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, kritisierte dagegen: "Viele Angehörige werden sich über den höheren Steuerfreibetrag kaum freuen können." Denn zwei Drittel der pflegenden Angehörigen seien nicht mehr berufstätig. Schließlich zahlten Rentner wegen ihres geringen Einkommens wenig oder gar keine Steuern.