UN-Menschenrechtskommissariat besorgt über Gewalt in Äthiopien

UN-Menschenrechtskommissariat besorgt über Gewalt in Äthiopien
Behörden schließen Oromo-Fernsehstation
Die Lage in Äthiopien spitzt sich zu. Seit dem Tod des politischen Sängers Hachalu Hundessa kommt es immer wieder zu heftigen Protesten. Nun gehen die Behörden gegen Medienhäuser vor. Die UN rufen zu Gewaltfreiheit auf.

Genf, Addis Abeba (epd). Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte ist tief besorgt über die tagelange Gewalt mit Dutzenden Toten in Äthiopien. Demonstranten und Sicherheitskräfte sollten Zurückhaltung üben, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, forderte der Sprecher des Hochkommissariats, Rupert Colville, am Freitag in Genf. Laut der Regierung seien rund 50 Menschen durch Gewalt getötet worden, Medien hingegen gingen von rund 80 Getöteten aus.

Derweil schlossen die äthiopischen Behörden die Zentrale des Oromo Media Network (OMN). Der Fernsehsender habe ethnische und religiöse Spannungen angeheizt, berichtete der amharische Dienst des britischen Senders BBC auf Grundlage der offiziellen Begründung. Gegen zwei weitere Fernsehsender, die Programme in Amharisch und Tigrinisch senden, wird demnach wegen der selben Vorwürfe ermittelt. Die Behörden reagieren damit auf die gewaltsamen Ausschreitungen, die das Land am Horn von Afrika seit Dienstag erschüttern.

Die Gewalt in Äthiopien entzündete sich an der Tötung des prominenten Politsängers und Aktivisten Hachalu Hundessa am Montag in der Hauptstadt Addis Abeba. Der Sänger stammte aus der Oromia-Region, die die Hauptstadt Addis Abeba umgibt. Sein Tod habe zu Protesten im ganzen Land und geführt, die teilweise friedlich verlaufen seien, sagte der UN-Sprecher. Andere Protestzüge seien von Anfang an gewalttätig verlaufen. Gebäude seien zerstört und niedergebrannt worden, in Addis Abeba seien Schüsse und Explosionen verzeichnet worden.

Der Chef des Oromo-Senders, der einflussreiche Unternehmer Jawar Mohammed, sitzt seit Mittwoch in Haft. Ihm und 34 weiteren Männern werde vorgeworfen, für den Mord an einem Sicherheitsbeamten verantwortlich zu sein und weitere Morde geplant zu haben, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Polizeiführung und Staatsanwaltschaft, aus der die Zeitung "Addis Standard" (Online) zitierte.

Hintergrund der Unruhen sind seit längerem wachsende Spannungen zwischen Oromo-Nationalisten und Ministerpräsident Abiy Ahmed, der selber Oromo ist. Hundessas Songs galten als "Soundtrack" der Oromo-Proteste, die 2018 zum Sturz der Regierung von Ministerpräsident Hailemariam Desalegn und der Amtsübernahme durch Abiy geführt hatten. Der festgenommene Oppositionspolitiker Jawar Mohammed, in dessen Fernsehsender zahlreiche Kritiker des Ministerpräsidenten zu Wort kommen, wirft Abiy vor, sich zu wenig um die Belange der Oromo zu kümmern und spricht sich für eine Unabhängigkeit der Region aus.

epd her/me jup