Schärfere Strafen für Missbrauch: Lambrecht stellt Reformpaket vor

Schärfere Strafen für Missbrauch: Lambrecht stellt Reformpaket vor
Im Kampf gegen sexualisierte Gewalt gegen Kinder will die Bundesregierung die Strafen zum Teil deutlich verschärfen. Justizministerin Lambrecht stellt ihr Reformpaket vor und will gesetzliche Änderungen noch in diesem Jahr erreichen.

Berlin (epd). Im Kampf gegen Kindesmissbrauch will die Bundesregierung das Strafrecht verschärfen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zeigte sich bei der Vorstellung ihrer Reformvorschläge am Mittwoch in Berlin zuversichtlich, dass Gesetzesänderungen noch in diesem Jahr beschlossen werden könnten, wenn Bund und Länder an einem Strang zögen. Neben höheren Strafen dringt Lambrecht auf Änderungen im Justizwesen, für das die Länder zuständig sind.

Die Union begrüßte die Vorschläge, forderte aber weitere Schritte. Lambrecht hatte die vom Koalitionspartner bereits länger geforderten Strafverschärfungen zunächst abgelehnt, unter dem zunehmenden Druck durch Ermittlungen gegen große Täter-Netzwerke in Nordrhein-Westfalen ihre Haltung aber geändert. Als Nächstes müsste sie nun einen Gesetzentwurf vorlegen, der dann im Herbst in den Bundestag und Bundesrat ginge.

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder soll Lambrecht zufolge künftig als Verbrechen und nicht länger als Vergehen eingestuft werden. Das bedeutet in allen Fällen eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug. Lambrecht sagte, dass selbst bei schwerem sexuellen Missbrauch Geldstrafen verhängt worden seien, damit müsse "Schluss sein".

Besonders spürbar sollen die Strafen für den Besitz und die Verbreitung von Bildern und Filmen erhöht werden, die sexualisierte Gewalt gegen Kinder zeigen. Beides soll künftig mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet werden. Bisher können Täter mit Geldstrafen oder drei Monaten Haft davonkommen. Lambrecht sagte, bei der sogenannten Kinderpornografie handele es sich nicht um fiktive Bilder, vielmehr werde Kindern "unglaubliches Leid zugefügt". Die Höchststrafen steigen den Vorschlägen zufolge von drei auf fünf Jahre für den Besitz und von fünf auf zehn Jahre für die Verbreitung der Bilder und Filme.

Netzwerke und Täterringe wie in den Missbrauchskomplexen von Münster und Bergisch Gladbach haben mit härteren Strafen von nicht unter zwei bis zu 15 Jahren Freiheitsentzug zu rechnen. Lambrecht sagte, "angesichts der Dimension dieser systematisch organisierten Gräueltaten müssen wir ein ganz klares Signal aussenden, dass die Täter mit aller Konsequenz verfolgt und bestraft werden". Im Fall Bergisch Gladbach verfolgen die Ermittler inzwischen rund 30.000 Spuren von Konsumenten und Tätern.

Lambrecht sagte, es müsse deutlich werden, dass man nicht länger von "Missbrauch" sprechen könne: "Kinder sind keine Sache, sie können nicht missbraucht werden - sondern es ist Gewalt, die ausgeübt wird und das wird sich auch im Gesetzestext ausdrücken." Bei schwerem Missbrauch werde der minder schwere Fall gestrichen, kündigte sie an, und es werde der Justiz erleichtert, Untersuchungshaft zu verhängen.

Familien- und Jugendrichter sollen nach Lambrechts Vorstellung für den Umgang mit betroffenen Kindern besser ausgebildet werden. Dazu wolle sie den Ländern Vorschläge machen, sagte sie. Es sei wichtig, dass die Sicht der Kinder mehr Berücksichtigung finde.

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Thorsten Frei (CDU) erklärte, Lambrecht greife viele Vorschläge der Union auf. Bei der Verfolgung von Taten im Internet gehe sie aber nicht weit genug. Auch hier müsse die Anordnung von Untersuchungshaft erleichtert werden. Es müsse möglich sein, mit dem Strafrecht gegen Handelsplattformen im Darknet vorzugehen, Daten verdeckt zu beschlagnahmen und Online-Durchsuchungen gegen die Verbreitung sogenannter Kinderpornografie zu ermöglichen, verlangte Frei. Seine Fraktion werde die Vorschläge nun genau prüfen.