Prozess im Mordfall Lübcke beginnt am 16. Juni

Prozess im Mordfall Lübcke beginnt am 16. Juni
Am ersten Todestag des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat die Aufklärung des Mordes vor Gericht begonnen. Zugleich gedenken Spitzenpolitiker des Getöteten und rufen dazu auf, gegen rechts und für die Demokratie einzustehen.

Frankfurt a.M. (epd). Ein Jahr nach dem Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat die gerichtliche Aufarbeitung des Mordes begonnen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main eröffnete am Dienstag das Hauptverfahren gegen Stephan E. (46) und dessen mutmaßlichen Komplizen Markus H. (44). Die Verhandlung werde am 16. Juni beginnen, teilte das Oberlandesgericht am ersten Todestag Lübckes mit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, Lübcke sei unvergessen. Seine Ermordung sei "auch ein Angriff auf demokratische Institutionen und diejenigen, die in demokratischen Institutionen Verantwortung tragen".

Demokratie lebe davon dass sich Menschen für das Gemeinwohl engagieren, erklärte Steinmeier im sozialen Netzwerk Facebook. "Es darf nicht sein, dass sie sich von ihrem Amt zurückziehen, weil sie um ihr Leben fürchten müssen", fügte er hinzu.

Nach Angaben des Oberlandesgerichts wird die Hauptverhandlung nach dem Beginn in zwei Wochen am 18. und 30. Juni fortgesetzt. Bis Ende Oktober seien weitere Verhandlungstermine angesetzt.

Dem Angeklagten Stephan E. wird vorgeworfen, in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni vergangenen Jahres Lübcke auf der Terrasse von dessen Wohnhaus im nordhessischen Wolfhagen-Istha erschossen zu haben. Dem Angeklagten Markus H. wird zur Last gelegt, Beihilfe geleistet zu haben, indem er Stephan E. in seinem Tatentschluss bestärkte. Beide Angeklagten sollen in rechtsradikaler, fremdenfeindlicher Gesinnung gehandelt haben. Lübcke war wegen seines Einsatzes für die Aufnahme von Flüchtlingen öffentlich scharf kritisiert worden.

Stephan E. ist nach Angaben des Oberlandesgerichts darüber hinaus angeklagt, am 6. Januar 2016 in Lohfelden bei Kassel einen aus dem Irak stammenden Bewohner einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge niedergestochen zu haben, um diesen zu töten. Auch zu dieser Tat soll E. aufgrund seiner fremdenfeindlichen Einstellung motiviert gewesen sein.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte bei einer Veranstaltung des Regierungspräsidiums in Kassel, Lübcke habe auf vorbildliche Weise Haltung gezeigt. "Sein Tod darf nicht umsonst gewesen sein, er mahnt uns, Haltung zu zeigen", sagte er.

Bei der Diskussionsrunde "Haltung zeigen" sagte die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann, die Kirche sollte beim Thema Rechtsradikalismus eine klare Haltung zeigen, da es um eine Frage des Menschenbildes und der Weltanschauung gehe. "Es ist mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar, so auf Menschen zu gucken, so mit Unterschieden umzugehen und gewalttätig zu werden", sagte sie.

Michael Sasse von der Kasseler Initiative "Offen für Vielfalt - Geschlossen gegen Ausgrenzung" rief zu einem breiten bürgerlichen Engagement gegen Rechtsradikalismus auf. Hass, Rassismus und Antisemitismus seien keine Meinung. Der Initiative haben sich zahlreiche Wirtschaftsunternehmen und Einrichtungen in Kassel angeschlossen.

epd lmw/kfr jup