Zahlungsstopp der USA an WHO stößt auf Kritik

Zahlungsstopp der USA an WHO stößt auf Kritik
Größter Beitragszahler friert in der Corona-Pandemie Gelder ein
US-Präsident Trump wirft der Weltgesundheitsorganisation entscheidende Fehler im Kampf gegen das Coronavirus vor. Die ausbleibenden US-Gelder treffen den obersten Gesundheitswächter der Vereinten Nationen schwer.

Genf (epd). Das Einfrieren der US-Beiträge an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) inmitten der Corona-Pandemie hat international heftige Kritik ausgelöst. UN-Generalsekretär António Guterres rief zu Geschlossenheit und Einigkeit auf. Jetzt sei nicht die Zeit, Zahlungen an die WHO zurückzuhalten, die den Kampf gegen das Virus anführe und koordiniere, sagte er in einer am Mittwoch verbreiteten Erklärung. Die Corona-Pandemie sei eine der gefährlichsten Herausforderungen, die die Welt in einem Lebensalter zu meistern habe.

US-Präsident Donald Trump hatte den Zahlungsstopp mit entscheidenden Fehlern der WHO im Kampf gegen die Corona-Pandemie begründet. Die Bundesregierung stellte sich hinter die WHO. Gerade jetzt sei es wichtig, die Weltgesundheitsorganisation zu unterstützen und zu finanzieren, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Dies sei die Position von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der gesamten Bundesregierung. Die WHO tue "eine unglaublich wichtige Arbeit", sagte Seibert.

Ähnlich äußerte sich der FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrich Lechte, Vorsitzender des Unterausschusses Vereinte Nationen, internationale Organisationen und Globalisierung: "Die Zahlungen für die Weltgesundheitsorganisation inmitten einer Pandemie zu stoppen, sendet ein vollkommen falsches Signal."

Der Multimilliardär und Philanthrop Bill Gates kritisierte Trumps Entscheidung als gefährlich. Die WHO verlangsame die Ausbreitung der Atemwegserkrankung Covid-19, keine andere Organisation könne sie ersetzen. Die Stiftung des Microsoft-Gründers Gates ist einer der wichtigsten Geldgeber der WHO und anderer Gesundheitsinstitutionen.

Die Präsidentin von" Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, betonte die Bedeutung einer übergeordneten unabhängigen Instanz für das globale Gesundheitswesen. "Wer jetzt eigene Versäumnisse in der Bekämpfung der Corona-Pandemie und beim Aufbau einer fairen Gesundheitsversorgung für die eigene Bevölkerung mit Drohungen gegenüber der WHO verschleiert, riskiert Rückschläge und letztlich Menschenleben", kritisierte sie.

Trump erklärte, die WHO habe die Ausbreitung des Erregers vertuschen wollen und sei China gegenüber zu freundlich. Er kritisierte vor allem die WHO-Empfehlung, keine Reise- und Handelsbeschränkungen zu China einzuführen. China ist das Ursprungsland des Erregers. Die USA verhängten Ende Januar einen Einreisestopp für Ausländer, die sich während 14 Tagen in China aufgehalten hatten.

Trump kündigte eine Untersuchung der Rolle der WHO in der Krise an. Die USA sind der größte Geldgeber der Organisation mit Sitz in Genf, nach Angaben Trumps zahlt Washington pro Jahr zwischen 400 und 500 Millionen US-Dollar. Der Zweijahreshaushalt der WHO 2020 und 2021 beläuft sich auf rund 4,8 Milliarden Dollar.

Die 194 Mitgliedsländer zahlen reguläre Mitgliedsbeiträge, deren Höhe sich nach ihrer Wirtschaftskraft und Bevölkerung richten. Die USA kommen laut der WHO für 22 Prozent der regulären Mitgliedsbeiträge auf. Zudem erhält die WHO freiwillige Beiträge, die von Jahr zu Jahr variieren. Die freiwilligen Beiträge werden von Mitgliedsländern, anderen Organisationen, Stiftungen und Firmen entrichtet.

Ein Zahlungsstopp der USA würde die WHO schwer treffen. Zunächst gab es keine Zusicherungen anderer Mitgliedsländer, dass sie die wegfallenden US-Beiträge übernehmen würden. Zudem ist noch unsicher, ob die für Mai geplante Weltgesundheitsversammlung stattfinden wird. Auch wenn sie virtuell abgehalten wird, dürfte die US-Entscheidung ein großes Thema werden. Schon in der Vergangenheit wurde die WHO immer wieder Opfer von Sparrunden. Dabei wurden auch ihre Krisenreaktionskräfte reduziert.

Die 1948 gegründete Weltgesundheitsorganisation mit Sitz in Genf beschäftigt rund 7.000 Mitarbeiter in mehr als 150 Ländern, darunter Ärzte und andere medizinische Fachleute. Die Förderung der Gesundheit aller Menschen, Unterstützung beim Ausbruch von Epidemien, technische Hilfe für die Mitgliedsländer und das Ausarbeiten neuer Abkommen wie der Anti-Tabak-Konvention sind ihre wichtigsten Aufgaben. Seit Mitte 2017 steht der äthiopische Mediziner Tedros Adhanom Ghebreyesus (55) an der Spitze der Organisation.

Als bislang schwerstes Debakel der WHO gilt die Ebola-Epidemie ab 2013/2014 in Westafrika mit rund 11.300 Toten. Lange hatte die WHO den Ebola-Ausbruch unterschätzt.