Intensivmediziner legen Empfehlungen für Auswahl von Patienten vor

Intensivmediziner legen Empfehlungen für Auswahl von Patienten vor

Berlin (epd). Angesichts des sich weiter ausbreitenden Coronavirus haben Intensiv- und Notfallmediziner in Deutschland Empfehlungen vorgelegt, nach denen über die Behandlung von Patienten entschieden werden soll, wenn die Kapazitäten nicht mehr für alle Kranken ausreichen. Danach würde in Deutschland nicht nach pauschalen Kriterien wie dem Alter der Patienten entschieden, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Papier mit dem Titel "Entscheidungen über die Zuteilung von Ressourcen in der Notfall- und Intensivmedizin im Kontext der Covid-19-Pandemie. Klinisch-ethische Empfehlungen" hervorgeht, auf das sich sieben medizinische Fachgesellschaften verständigt haben.

Vielmehr legen die Empfehlungen fest, dass die Erfolgsaussicht, die medizinische Indikation und der Patientenwille für die Weiterbehandlung entscheidend seien. Eine Intensivtherapie sei dann nicht indiziert, wenn der Sterbeprozess unaufhaltsam begonnen habe, wenn die Therapie aussichtslos sei, weil keine Besserung oder Stabilisierung zu erwarten sei, oder wenn das Überleben nur bei dauerhaftem Aufenthalt auf der Intensivstation gesichert werden könne. Entscheiden soll ein Team aus drei Experten mit unterschiedlichen Fachkompetenzen.

"Wir haben uns ganz klar gegen das Kriterium Alter entschieden und wollen sehr viel differenzierter vorgehen", erklärte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, der am Mittag gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor die Presse treten wollte.

Eine Auswahl soll aus Gründen der Gleichberechtigung unter allen Patientinnen und Patienten erfolgen, die eine Intensivbehandlung benötigen, also nicht nur möglichen Covid-19-Patienten, sondern auch etwa Unfallopfern oder Schlaganfall-Patienten. Janssens erklärte, die Ärzteschaft wolle "maximale Transparenz herstellen". Die Bevölkerung müsse darauf vertrauen können, dass nicht einfach nach dem Bauchgefühl entschieden werde.

Die Ärzte und Pflegekräfte wiederum brauchten ethische Leitplanken und den Austausch darüber: "Sollten wir in die schwierige Situation kommen, zwischen Patienten entscheiden zu müssen, dann wollen wir gewappnet sein", erklärte Janssens. Es sei erschütternd sehen zu müssen, unter welchem Druck Kollegen in anderen Ländern bereits Entscheidungen dieses Ausmaßes hätten fällen müssen.

Neben den Fachgesellschaften für Intensiv- und Notfallmedizin wurden die Empfehlungen auch von Fachgesellschaften für Lungenerkrankungen, Beatmungsmedizin, Anästhesiologie, Palliativmedizin und der Akademie für Ethik in der Medizin erarbeitet.