Coronakrise: Kabinett will mit Milliardenpaket soziale Härten lindern

Coronakrise: Kabinett will mit Milliardenpaket soziale Härten lindern
Die Corona-Krise stürzt jetzt schon zahlreiche Menschen in existenzielle Nöte. Mit dem größten Nachtragshaushalt in der Geschichte der Bundesrepublik will die Regierung helfen.

Berlin (epd). Mit Hilfen von insgesamt 50 Milliarden Euro für Kleinunternehmen und Solo-Selbstständige sowie Vereinfachungen bei Kinderzuschlag und Grundsicherung will die Bundesregierung soziale Härten in der Corona-Krise mildern. Am Montag beschloss das Bundeskabinett einen Nachtragshaushalt in Höhe von 156 Milliarden Euro - den größten in der Geschichte der Bundesrepublik - und zahlreiche Maßnahmen zum Schutz nicht nur von Unternehmen und Gesundheitssystem, sondern auch von Familien, Mietern oder kleinen Selbstständigen. Noch in dieser Woche sollen die Maßnahmen Bundestag und Bundesrat passieren - und dann schnell fließen.

Arbeitnehmern, Familien, Kleinunternehmern und Solo-Selbstständigen will die Bundesregierung auf verschiedene Weise unter die Arme greifen. So darf Mietern nach Plänen von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) nicht gekündigt werden, wenn sie wegen der Corona-Pandemie zwischen Anfang April und Ende Juni ihre Miete nicht zahlen können. Eine weitere Regelung soll verhindern, dass bei Zahlungsverzug Strom, Wasser oder Telefon abgestellt werden. Der Deutsche Mieterbund begrüßte die Pläne, kritisierte aber, dass der Zeitraum in den Beratungen von sechs auf drei Monate gekürzt wurde und nicht wie viele andere soziale Sicherungsmaßnahmen bis Ende September läuft.

Kleinunternehmen können zudem finanzielle Hilfen erhalten: bis zu 9.000 Euro bei bis zu fünf Beschäftigten, bis zu 15.000 Euro bei bis zu zehn Mitarbeitern. Für den Kulturbereich bedeutet dies etwa, dass laufende Betriebskosten wie Mieten von Kinos, Musikclubs oder Künstlerateliers, aber auch Kredite bezahlt werden können. Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU) versprach zugleich, in ihrem Zuständigkeitsbereich auf Rückforderungen von Fördermitteln so weit wie möglich zu verzichten, wenn Projekte aufgrund der Pandemie nicht umgesetzt werden könnten.

Zudem soll es Lockerungen bei der Grundsicherung geben, um Selbstständigen durch die Krise zu helfen. Zeitlich befristet wird nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums unter anderem die Vermögensprüfung ausgesetzt. Familien soll durch Erleichterungen bei der Bewilligung des Familienzuschlags geholfen werden, wie Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) mitteilte.

Eine Entschädigungsregelung wird den Angaben zufolge ferner für Eltern geschaffen, deren Kinder wegen der Schließung von Schulen und Kindertagesstätten keinerlei Betreuung mehr haben. Sie erhalten bis zu sechs Wochen 67 Prozent ihres Verdienstausfalls, maximal 2.016 Euro.

Die sozialen Dienstleister und Fürsorge-Einrichtungen in Deutschland sollen weiter Zahlungen erhalten, wenn sie selbst Mitarbeiter, Räume und Sachmittel zur Bewältigung der Krise bereitstellen. Giffey sagte, ihr Beitrag könne auch sein, Einkäufe für diejenigen zu erledigen, die derzeit nicht raus sollten, oder Begleitung bei Arztbesuchen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege begrüßte die Hilfen. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte dem epd, sein Verband stehe bereit, "den sozialen Zusammenhalt und die medizinische und pflegerische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und zu helfen". "Das verstehen wir jetzt als unseren öffentlichen Beitrag zum Gemeinwohl und zur Sicherung der gesundheitlichen Vorsorge der Menschen in diesem Land", ergänzte er.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte Hilfen im Umfang von bis zu zehn Milliarden Euro für den Gesundheitssektor an. Krankenhäuser sollen einen finanziellen Ausgleich für verschobene planbare Operationen und Behandlungen erhalten, um mehr Patienten mit einer Coranavirus-Infektion behandeln zu können. Ferner werde ein Bonus in Höhe von 50.000 Euro für jedes Intensivbett gezahlt, das Kliniken zusätzlich schaffen. Ziel der Regierung ist es, deren Zahl zu verdoppeln. Derzeit sind es 28.000 Betten.

Vergessen wurden im Paket nach Ansicht der Grünen die sozial Schwächsten. Hartz-IV-Empfänger treffe die Krise besonders hart, weil günstige Lebensmittel derzeit schnell vergriffen und Tafeln geschlossen seien, sagte der Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann. Er forderte eine Erhöhung des Regelsatzes.

epd co/mey jup