Medizinethikerin fordert Kriterien zur Auswahl von Corona-Patienten

Medizinethikerin fordert Kriterien zur Auswahl von Corona-Patienten

Berlin (epd). Die Medizinethikerin Alena Buyx hält es für möglich, dass schon bald Ärzte in deutschen Krankenhäusern Corona-Patienten nach ihrer Überlebenschance einteilen müssen. Diese sogenannte Triage sei möglich, wenn die Zahl schwer erkrankter, beatmungsbedürftiger Covid-19-Patienten in Deutschland ansteige und die personellen wie materiellen Ressourcen in den Kliniken nicht mehr zur Versorgung aller Patienten ausreichten, sagte die Wissenschaftlerin der Technische Universität München der Berliner "tageszeitung" (Freitag). "Es ist absolut grässlich, eine Entscheidung treffen zu müssen im Wissen, dass ich nur den einen retten kann und dass der andere deswegen stirbt. In der Krise müssen wir eine Triagierung vorschalten", sagte Buyx.

Das Infektionsschutzgesetz lasse offen, nach welchen Kriterien Ärzte ihre Patienten im Fall einer Pandemie priorisieren sollen, fügte Buyx hinzu. Diese Lücke müsse dringend geschlossen werden, forderte sie: "Wir brauchen eine Handreichung für Ärzte mit den Kriterien zur Triage." Buyx, die auch Mitglied des Deutschen Ethikrats ist, sprach sich für die Gründung einer Expertenkommission aus Notfall-, Katastrophen- und Intensivmedizinern, Pandemieexperten, Ethikern, juristische Experten und leitenden Krankenhausmanagern aus, um Triage-Kriterien zu entwickeln: "Ich plädiere für eine interdisziplinäre Adhoc-Kommission."

Bevorzugt behandelt werden sollten erstens Patienten, die zwingend intensivmedizinische Versorgung bräuchten. Zweitens müsse beurteilt werden, "wer innerhalb der Gruppe derjenigen, die Beatmung benötigen, die beste Prognose hat, gesund zu werden". Und drittens sei zu diskutieren, ob "systemerhaltendes Personal im Krankheitsfall zu bevorzugen ist, also Menschen, die wichtig sind für die Infrastruktur eines Landes, klinische Gesundheitsberufe etwa oder jene mit zentraler Funktion in der Energieversorgung". Abstrakte Altersgrenzen, wie sie in Italien diskutiert wurden, halte sie hingegen "für problematisch".

epd fu